Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Empfang der Arbeitervertreter 95 
  
daß Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gemeinschaftlichen Be- 
ratungen zusammenkommen. 
Ich habe diesen Wunsch auch meinerseits schon früher gegenüber dem 
Kriegsamt geäußert und möchte ihn auch jetzt nochmals hervorheben. Ob die 
Anregung bzw. Einladung zu solchen Besprechungen zweckmäßig vom 
Kriegsamt erfolgt oder vom Reichswirtschaftsamt, lasse ich dahingestellt. 
Die Angelegenheit scheint mir aber dringlich, auch in Rücksicht auf die 
Übergangs= und Friedenswirtschaft. 
b) Ferner wurde seitens der christlichen Gewerkschaften vorgeschlagen, 
„gemeinschaftliche Wirtschaftsausschüsse“ aus Arbeitgebern und -nehmern 
bei den stellvertretenden Generalkommandos einzurichten. Auch dieser 
Vorschlag erscheint mir gangbar. Sie könnten sich auch bei der Regelung 
der Reklamiertenfragen (Festsetzung der Löhne der Reklamierten bei Lohn- 
streitigkeiten, überweisung und Rückziehung Reklamierter) als vorteilhaft 
erweisen (siehe unter c). 
c) Gegen eine straffe Kontrolle der Reklamierten bestanden an sich 
keine Bedenken, wohl aber herrschte die Furcht, daß diese sozusagen auf 
Gunade und Ungnade den Unternehmern ausgeliefert würden, namentlich, 
daß sie hinsichtlich der Löhne benachteiligt würden und, sofern sie unbequem 
fielen, einfach wieder dem Heere durch die Unternehmer zugeführt würden. 
Diese Bedenken sind meines Erachtens nicht von der Hand zu weisen. Da 
anderseits, soweit bekannt, die Unternehmer nicht einverstanden sind, daß 
z. B. Lohnfragen von den Kriegsamtsstellen entschieden würden, so könnten 
hier vielleicht die unter b genannten Ausschüsse Gutes wirken. 
Daß bei Reklamationen stellenweise Protektionswirtschaft vorkommt, 
wurde seitens der christlichen Gewerkschaften hervorgehoben. Das wird 
zutreffen, Abhilfe wird aber meines Erachtens nur schwer zu erreichen sein. 
d) Der Vertreter der Arbeitsgemeinschaft für die technischen Verbände 
brachte zur Sprache, daß die Gehaltsfrage der Angestellten brennend sei. 
Selbstverständlich streikten diese nicht. Aber sie ständen tatsächlich im Gehalt 
jetzt vielfach weit unter den Arbeitern. Sie beziehen auch trotz vielfach 
sehr anstrengender Arbeit keine Ernährungszulage. Die Klagen scheinen 
mir sehr berechtigt zu sein. Hier könnten vielleicht die Kriegsamtsstellen 
durch Verhandlungen mit den Arbeitgebern helfend eingreifen. 
e) Nach Angabe der Vertreter der christlichen Gewerkschaften werden 
in staatlichen Instituten gv. und av. Leute (auch Kriegsbeschädigte) als 
Arbeiter beschäftigt, erhalten aber nur militärische Löhnung, während da- 
neben Hilfsdienstpflichtige und Arbeiter hohen Lohn für gleiche Arbeit er- 
halten. Wie weit das zutrifft, weiß ich nicht. Daß große Ungerechtigkeiten 
zwischen Bezahlung von Wehrpflichtigen und Nichtwehrpflichtigen, nament-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.