102 II. Hilfsdienstgesetz, Ersatz= und Arbeiterfragen
Wie notwendig es ist, klare Verhältnisse zu schaffen und Streiks mit
allen Mitteln vorzubeugen, wird auch durch die mir soeben zugehende Mit-
teilung des Kriegsministeriums vom 15. 2. Nr. 1367/18 geh. A. 1 er-
härtet.
Nachdem das Reichsgericht im Urteil vom 19. 10. 1917 (ogl. K. M.
vom 8. 12. 1917 Nr. 7451/17 geh. A. 1) einwandfrei ausgesprochen hat,
daß Streik im Kriege als Landesverrat anzusehen ist, kommt es jetzt dar-
auf an, daraus die praktischen Folgerungen zu ziehen, insbesondere in der
Richtung, daß Aufreizung zum Streik und die Mitwisserschaft von bevor-
stehenden Streiks als Verbrechen anzusehen sind. Danach müßte es mög-
lich sein, allgemein Hetzer und Schürer zum Streik rechtzeitig festzunehmen.
Daß hierdurch unter Umständen dem Streik die Spitze abgebrochen wird,
dürfte das Beispiel des stellvertretenden Generalkommandos VII. Armee-
korps beweisen, das mit der angegebenen Maßnahme außerordentlich viel
erreicht hat. Weiter dürfte auch einer Wiedereinziehung streikender Ar-
beiter, soweit sie zu den Reklamierten gehören, kein Grund mehr entgegen-
stehen, denn wenn auch früher den Arbeitern zugesichert ist, daß Re-
klamierte aus politischen oder sozialen Gründen nicht wieder eingezogen
werden sollen, so kann sich diese Zusage keinesfalls auf Landesverrat er-
strecken.
Auch die in dem Bericht Eurer Exzellenz erwähnte Stellung von Be-
trieben unter militärische Leitung hat gut gewirkt, wie mir dies u. a. auch
durch Admiral v. Mann bestätigt ist. Natürlich ist die Militarisierung
kein restlos wirkendes Mittel, sie wirkt aber anscheinend dadurch besonders
günstig, daß den Arbeitern wieder der Begriff einer Obrigkeit, die Gewalt
über sie hat, beigebracht wird und daß sie den Arbeitswilligen, die immer
noch den weitaus größten Teil der Arbeiter ausmachen, weitgehenden
Schutz gewährt.
Nicht ganz sicher erscheint es mir, ob die Militärgerichte überall den
richtigen Maßstab anlegen und die Tragweite ihrer Urteile übersehen. Sollte
ein Bedarf an geeigneten Kriegsgerichtsräten als Verhandlungsführer und
Vertreter der Anklage vorliegen, so wäre ich bereit, Euer Exzellenz aus
dem Feldheer auszuhelfen.
Daß Euer Exzellenz dem auf die Arbeitswilligen ausgeübten Terro-=
rismus (Streikposten usw.) nachdrücklich entgegengetreten sind, begrüße ich
mit besonderer Freude.
Im Zusammenhang mit der Streikfrage möchte ich mich noch kurz zu
der Lohnfrage wenden. Nach einem mir zugegangenen Bericht des Vereins
für die bergbaulichen Interessen ist in Dortmund gelegentlich des Streiks
von dem Schlichtungsausschuß die Erwartung ausgesprochen, daß für den
Monat Februar weitere Lohnsteigerungen seitens der Zechen stattfänden.