124 II. Hilfsdienstgesetz, Ersatz- und Arbeiterfragen
Rede stehende Gerücht anscheinend nur in Sachsen verbreitet worden.
Herr Lange hat sich von der Unsinnigkeit des Gerüchts überzeugen lassen
und zugesagt, bei seinen Parteigenossen die Sache richtigzustellen, womit
ich sie als erledigt ansehe.
Ihnen, sehr verehrter Herr Professor, bin ich jedenfalls dankbar, daß
Sie mir Gelegenheit gegeben haben, wenigstens in einem Falle unwahren
Gerüchten mit Erfolg entgegenzutreten.
Mit vorzüglicher Hochachtung bin ich Ihr sehr ergebener
Ludendorff.
22.
Kriegsministerium. Berlin W. 66, den 7. 10. 1916.
Nr. 290/10. 16. A. H. (S.). Leipziger Straße 5.
Im Anschluß an die Sitzung, die auf Anregung Euer Exzellenz am
28. 9. 1916 im Kriegsministerium stattgefunden hat, und in Erwiderung
des Telegramms Ib, Nr. 30 158 bringt das Kriegsministerium seinen
Standpunkt zur Beschäftigung der feindlichen Ausländer aus den besetzten
westlichen und östlichen Gebieten wie folgt zum Ausdruck.
Drei Möglichkeiten bestehen für die Heranziehung der Bewohner der
besetzten Landesteile, sie kann — nach der Dringlichkeit geordnet — er-
folgen zu kriegswirtschaftlichen Arbeiten
1. in Deutschland,
2. im Etappen= und Operationsgebiet,
3. im Gebiet der Generalgouvernements von Belgien und Russisch-
Polen.
Über die allgemeinen Grundsätze der Heranziehung herrscht überein-
stimmung der Meinungen darin, daß einer Gewinnung zu frei-
williger Arbeitsübernahme der Vorzug zu geben ist, vor Zwangs-
maßregeln. Das Kriegsministerium vertritt auch hier die Auffassung von
der größeren Ergiebigkeit aller aus eigenem Interesse des Arbeiters ge-
leisteten Arbeit. Namentlich gilt dies von Tätigkeiten höherer technischer
Eigenart, wie sie besonders in den deutschen kriegswirtschaftlichen Be-
trieben gefordert werden muß. In diesen sprechen außerdem noch Rück-
sichten auf das Zusammenwirken mit den deutschen Arbeitern und die Ge-
fährdung der Betriebssicherheit durch widerstrebende Elemente mehr zu-
gunsten freier Anwerbung. Will man dieses Prinzip bis zur Grenze
des Möglichen aufrechterhalten, so bedürfen aber die gegenwärtigen Mittel
seiner Anwendung noch einer erheblichen Vervollkommnung.