Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

150 III. Finanzfragen, Löhne und Kriegsgewinne 
  
  
1. Die Kosten für die Lebenshaltung steigen dauernd; sie werden 
auch nach dem Kriege sehr hoch bleiben. Ich halte es für ausgeschlossen, 
daß wir bei den Friedensgehältern, wie sie vor dem Kriege waren, stehen 
bleiben. Wir werden sie unbedingt ganz wesentlich erhöhen müssen, wenn 
wir unseren Offizieren in auch nur sehr bescheidenem Maße ein aus- 
kömmliches Dasein sichern wollen. Eine solche Heraufsetzung aber er- 
schweren wir ganz außerordentlich, wenn jetzt die Kriegsbezüge herab- 
gesetzt werden. 
2. Die Einkünfte in den freien Berufen, die sich in ihrer gesellschaft- 
lichen Stellung dem Offizierkorps nähern, besonders aber in den Bank= und 
Industriekreisen, sowie bei allen Arbeitern haben eine dauernde, starke 
Steigerung erfahren. Es ist sich jeder darüber klar, daß eine Herabsetzung 
wünschenswert wäre. Es ist aber nicht nur nicht gelungen, eine Ver- 
ringerung herbeizuführen, sondern es ist, wie mir neuerdings wieder vom 
Staatssekretär des Kriegswirtschaftsamts bestätigt wird, unter dem Druck 
der Rüstungsindustrie eine weitere Steigerung sehr wohl möglich. Das 
ist eine Kette ohne Ende. Bei solcher Sachlage kann nicht einseitig an die 
Herabsetzung der Offiziergehälter herangegangen werden. Sonst tritt eine 
Verschiebung in den gesellschaftlichen Schichtungen ein, die wir vor den 
deutschen Offizieren nicht verantworten können. 
, 3. Weitere Gründe sind in meinem Schreiben II Nr. 74 785 I. u. II. 
Ang. v. 9H. 1. u. 20. 2. enthalten. 
Euer Exzellenz schlage ich vor, dem Herrn Reichsschatzsekretär mitzu- 
teilen, daß aus obigen grundsätzlichen Bedenken in eine Herabsetzung der 
Offiziergehälter nicht gewilligt werden kann. Die vom Staatssekretär des 
Reichsschatzamts angegebenen Beispiele für Ersparnisse einzelner höherer 
Offiziere sind ohne nähere Unterlagen wertlos. Es ist nicht ersichtlich, 
ob es sich um vermögende oder unverheiratete bzw. alleinstehende Offiziere 
handelt. Außerdem aber haben sich die Verhältnisse dauernd verschlechtert. 
Wenn in den ersten Zeitabschnitten des Krieges einzelne höhere Offiziere 
vielleicht Ersparnisse machen konnten, so ist das, auch im Feldee, jetzt sicher 
nicht mehr in nennenswertem Maße der Fall. Einen Einfluß auf die Ge- 
sundung der Reichsfinanzen kann außerdem die von Euer Exzellenz vor- 
geschlagene Maßnahme wegen der Geringfügigkeit der Ersparnisse gar nicht 
haben. Eine solche Gesundung kann nur eintreten, wenn wir endlich an 
eine einschneidende Verringerung der Kriegsgewinne, an eine Verbilligung 
der Gegenstände des täglichen Bedarfs und an eine Stockung in der Lohn- 
bewegung herangehen. 
I. A.: gez. Ludendorff.
	        
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