Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

154 III. Finanzfragen, Löhne und Kriegsgewinne 
  
  
1. Es ist mir unverständlich, wie die im engsten Kreise, in dem nur 
Vertreter der Regierung und der O. H. L. zugegen waren, gepflogenen Ver- 
handlungen hinsichtlich einer Lohnherabsetzung haben in die Offentlichkeit 
gelangen können. Hier liegt ein grober Vertrauensbruch vor, dem meines 
Erachtens nachzugehen wäre. 
2. Seitens der O. H. L. ist früher ein allmählicher Abbau der Löhne 
gefordert, weil das Mißverhältnis zwischen den Löhnen in der Heimat und 
der Löhnung des Soldaten an der Front eine schreiende Ungerechtigkeit ist 
und starke Verstimmung erzeugt hat. Es wurde aber auf die Stimmung 
des Heeres, das seine Pflicht und Schuldigkeit tut, weniger Rück- 
sicht genommen wie auf die Stimmungen der Arbeiter bzw. ihrer 
Vertreter, die einfach mit Nichterfüllung ihrer Pflichten und Unruhen 
drohen. 
Gewiß hätte ich es auch gern gesehen, wenn die finanziellen Lasten 
— auch die hohen Unternehmergewinne — vermindert und dadurch schwere 
Sorgen für die Zukunft eingeschränkt wären, aber das ist allein Sache der 
Reichsregierung und des Reichsschatzamtes. Ob die Regierung aber tat- 
sächlich aus Sorge vor etwaigen Arbeiterunruhen zu irgendwelchen Maß- 
nahmen sich veranlaßt sehen könnte, die mit dem Staatswohl nicht in Ein- 
klang stehen, vermag ich nicht zu glauben. 
Wie der Unbotmäßige an der Front mit voller Strenge des Gesetzes 
erfaßt wird, so ist nach meiner Ansicht auch gegen jeden in der Heimat vor- 
zugehen, der seine Pflicht verletzt und damit — ich kann es nicht anders 
bezeichnen — Landesverrat begeht. Die Mittel dazu haben wir jedenfalls 
in der Hand, und Zurückweichen würde letzten Endes einer Niederlage der 
Regierung gleichkommen. 
Ich stehe aber auf dem Standpunkt, daß unsere Arbeiterschaft in der 
Masse viel zu vernünftig und viel zu patriotisch denkt, um durch ihren 
Eigensinn das Ende des Krieges aufs Spiel zu setzen. Die Regierung ist 
jedenfalls in der Lage, ihren Willen durchzusetzen. Allerdings müßte durch 
verständige Aufklärung unser Volk und insbesondere die Arbeiter über den 
ganzen Ernst der Lage belehrt werden. Ich zweifle nicht, daß dann jeder 
seine Pflicht tun wird. Eine solche Belehrung braucht durchaus nicht der 
Schwarzseherei Vorschub zu leisten. Ich glaube, daß die Art und Weise, 
wie die Staatsmänner der Entente wirken, auch für uns in manchem vor- 
bildlich sein könnte. 
I. A.: gez. Ludendorff.
	        
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