Zusammenstellung der augenblicklich wichtigsten kriegswirtschaftlichen Fragen 173
die aus Pferdemangel und anderen Einflüssen sich ergebende Vergrößerung der Last-
kraftwagenformationen.
Unsere Bezugsguellen für Betriebsstoffe sind beschränkt. Erdölderivate
können wir aus Österreich-Ungarn und Rumänien beziehen. Österreich= Ungarn liefert
uns bestimmte Mengen, die sich mit Rücksicht auf den österreichisch-ungarischen Eigen-
verbrauch nicht wesentlich steigern lassen. Die rumänische Erdölproduktion ist im dauern-
den Steigen begriffen. Jedoch hat die Steigerung unmöglich Schritt halten können mit
dem Verbrauch der in Rumänien vorgefundenen fertigen Vorräte. Infolgedessen wird
in absehbarer Zeit eine erhebliche Verminderung der rumänischen Zufuhren eintreten.
Ein Ersatz des Ausfalles durch Zuführen aus dem Kaukasus ist noch nicht möglich, da
die dortigen Olfelder und Bahnen noch in der Hand Aufständiger sind. Wann wir auf
Bezug von dort rechnen können, ist noch nicht zu übersehen.
Es wird weiter versucht, durch technische Neuerungen die Produktion von Be-
triebsstoff aus der Kohle in der Heimat zu steigern. Trotzdem ist damit zu rechnen, daß
spätestens im Frühjahr 1919 eine sehr ernste Lage in der Betriebsstofffrage eintritt,
wenn nicht alle Stellen des Feldheeres auf das sorgsamste jeden überflüssigen Verbrauch
verhindern. Ich bitte, diesem Punkt dauernd eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
2. Arbeikskräfte.
Durch die lange Dauer des Krieges sind die Arbeitskräfte in der Heimat spärlich
geworden. Frauen und Jugendliche sind zum Ersatz der zum Heere abgehenden Männer
längst in weitgehendem Maße herangezogen worden, ohne Rücksicht auf die durch
schwere Arbeit bei Frauen eintretenden Schädigungen. Der Krieg erlaubt solche Rück-
sichten nicht. Es wird aber auf diesem Wege auch noch weiter vorgegangen werden
müssen. Die Möglichkeiten sind aber begrenzt, denn schwere oder eingehende Fach-
kenntnisse erfordernde Arbeiten und Stellungen, die Autorität und Umsicht verlangen,
können von Jugendlichen und Frauen nur selten übernommen werden. Es bedarf
daher besonderer Maßnahmen, um bei den starken an die Heimat zu stellenden Ersatz-
anforderungen eine Schädigung der Kriegswirtschaft — und damit eine materielle
Schwächung des Heeres — zu verhindern. Hierzu ist bereits ein großer Teil der bei den
Kämpfen dieses Jahres gemachten Gefangenen der Heimat als Arbeitskraft zugeführt
worden. Die Maßnahme reicht jedoch nicht aus. Der Arbeiterbedarf ist groß geblieben.
Es ist daher damit zu rechnen, daß die bei zukünftigen Kämpfen gemachten Gefangenen
in ihrer überwiegenden Mehrzahl an die Heimat abgegeben werden müssen.
Um so wichtiger ist eine volle und planmäßige Ausnutzung aller Arbeitskräfte des
Feldheeres. Ich habe den Eindruck, daß das bislang nicht überall der Fall war. Es
werden Soldaten und Gefangene in Stellungen verwendet, in denen ihre Kraft nicht
voll ausgenutzt wird, und ganz allgemein scheint mir mancherorts die Verwendung der
Arbeitsformationen und Kriegsgefangenen zu schwerfällig und schematisch zu sein. Ich
bitte die Heeresgruppen und A. O. K.s, diese Fragen zu prüfen und durchzusetzen, daß
alle Arbeitskräfte voll ausgenutzt werden, wichtige Arbeit schnell durchgeführt und un-
wichtige vermieden wird.
Auch diese Angelegenheit bedarf der dauernden Aufmerksamkeit. Es ereignet sich
sonst leicht, daß Arbeitskräfte aus eingetretener Gewohnheit oder um dem Wunsch nach
„Bodenständigkeit“ nachzukommen, an Stellen bleiben, wo sie nicht mehr unbedingt
erforderlich sind.
3. Ernährungsfrage.
Im Verlauf des Krieges sind die Verpflegungsbestände, über die wir bei Abschluß
des alten Erntejahres bei Eintritt in das neue Jahr verfügten, dauernd gesunken. Bei
Abschluß des Erntejahres 1917/18 sind wir, um durchzuhalten, sogar gezwungen, durch
Frühdrusch einen Vorschuß auf das kommende Jahr zu entnehmen. Es kommt hinzu,
daß die Ernteaussichten für 1918/19 in der Heimat sich zwar gebessert haben, daß jedoch
in Rumänien eine Mißernte bevorsteht. Die Ukraine ist ein unsicherer Faktor.