Vergrößerung der Merseburger Anlagen 209
7.
Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 3. 6. 1918.
II Nr. 87 815 cp.
An den Staalssekrekär des Reichsschatzamts v. Roedern.
Sehr verehrte Exzellenz! Aus Euer Exzellenz Schreiben vom 27. 5.
V 982 ersehe ich mit besonderer Freude, daß die Vergrößerung der Merse-
burger Anlagen nunmehr gesichert ist. Für den Fall, daß der Krieg noch
längere Zeit dauert, ist damit eine erhebliche Garantie geboten, daß auch
im Falle schwerer Beschädigungen in Oppau der Stickstoff für das Heer
sichergestellt ist und gleichzeitig auch die Landwirtschaft wird bedacht werden
können.
Euer Exzellenz Bedenken, daß es schwer halten wird, nach Friedens-
schluß 500 000 Tonnen Stickstoff jährlich in der Landwirtschaft unterzu-
bringen, glaube ich nicht teilen zu sollen, besonders nicht für die nächsten
Jahre. Unser Boden ist stickstoffhbungrig. Wir werden das Baltikum,
wahrscheinlich auch Rußland, Ukraine, Rumänien usw. zu versorgen haben.
Außerdem aber glaube ich, daß wir unsere eigene landwirtschaftliche Pro-
duktion sehr wohl durch erhöhte Stickstoff-, Kali= und Phosphatzufuhr so
steigern können, daß wir auf Einfuhr von Getreide= und Futtermitteln
verzichten können. Kali ist vorhanden, Phosphate werden wir aus der
Ukraine hoffentlich in erheblichen Mengen bekommen können. Gibt uns
die Erweiterung von Merseburg auch die Möglichkeit einer ausreichenden
Stickstoffversorgung, so wird sich das angestrebte Ziel erreichen lassen.
Euer Exzellenz Sorgen hinsichtlich des finanziellen Problems teile ich
durchaus. Ich bin, wie Euer Exzellenz wissen, wiederholt für Herabminde-
rung der Kriegskosten durch Einschränkung der Unternehmergewinne und
Abbau der Löhne eingetreten, obwohl ich mir von vornherein ziemlich klar
war, daß aus hier nicht näher zu erörternden Gründen darin nichts
Wesentliches erreicht werden würde. Ich habe aber auch nach Möglichkeit
die Kriegskosten durch Einschränkung aller ver-
meidbaren Kriegskosten zu verringern gesucht und,
wie ich hoffe, mit Erfolg.
Ich bin Euer Exzellenz sehr dankbar, daß Sie zu der beadbsichtigten
Besprechung über diese Frage auch einen Vertreter der O. H. L. heran-
ziehen wollen, und werde dazu den Oberstleutnant Bauer entsenden. Der
letztere wird in der nächsten Zeit einige Tage in Berlin sein. Sollte die
Befprechung schon in dieser Zeit möglich sein, so bitte ich um gefl. Nachricht.
Mit verbindlichem Gruß bin ich Ihr ergebener
gez. Ludendorff.
Urkunden der Obersten Heerosleltung 1916—1918. 14