284 XIII. Aus Presse- und Aufklärungsakten
hältnis treten, in dem sie bisher zum Auswärtigen Amt stand. In ihrer
gut durchgeführten Organisation würde sie sofort ein treffliches Werkzeug
in der Hand des neuen Staatssekretärs sein. Sie ist übrigens zur Zeit die
einzige, lediglich der Propaganda dienende Stelle, die über alle Propa-
gandamittel (Presse, Bild, Film, Mundpropaganda, graphische Dar-
stellungen, Kunstpropaganda) zugleich verfügt.
Ich bitte Euere Exzellenz, meine Anregung zu prüfen und bald in die
Tat umzusetzen. Um schnell zum Ziele zu kommen, empfehle ich, möglichst
umgehend in einer Besprechung unter Heranziehung aller beteiligten
Ressorts die Grundlagen und Richtlinien für das Reichs-Aufklärungsamt
festzulegen. I. A.: gez. Ludendorff.
Anfrage der Abgeordneten Miklas und Genossen an Seine Exzellenz den
berrn Ministerpräsidenken, betreffend die Errichtung einer Propaganda-
stelle beim Ministerrakspräsidium.
Laut Zeitungsberichten hat die englische Regierung das Mitglied
des englischen Kabinetts Lord Northcliffe zum Direktor der Propaganda in
Feindesländern ernannt. Gemeint sind darunter die Staaten der Mittel-
mächte, ferner Bulgarien und die Türkei. Offensichtlich handelt es sich
darum, die von England seit Kriegsbeginn mit unübertroffener Virtuosität
und mit den skrupellosesten Mitteln betriebene Beeinflussung der Welt-
meinung nunmehr auch bei uns noch mehr als schon bisher zur Geltung zu
bringen, in großzügiger Weise zu organisieren und gewissermaßen die
gegen England und seine Trabanten im Felde stehenden Heere im Rücken
zu bedrohen und zu gefährden. Ganz besonders scheint es das falsche und
gewalttätige Albion auf unseren Kaiserstaat Österreich abgesehen zu haben,
wo schon seit Kriegsbeginn, in erhöhtem Maße aber in den letzten Monaten
im öffentlichen Leben betrübliche Dinge in Erscheinung getreten sind, welche
ohne Hinweis auf die geheime und offene feindliche Propaganda, deren
silberne Kugeln rollen und deren Sendlinge leider auch bei uns Eingang
gefunden haben, keineswegs genügend erklärt werden könnten. Die Kriegs-
lage, in der sich die Monarchie befindet, und die heikle innerpolitische Situa-
tion machen es unmöglich, sich des näheren darüber zu äußern. Begreif-
lich aber erscheint es jedenfalls, daß die staatstreue Bevölkerung des Kaiser-
staates und die an den Fronten kämpfenden Heere eine Beruhigung dar-
über haben wollen und erhalten müssen, ob von seiten der Regierung alle
Gegenmaßnahmen gegen die feindliche Werbetätigkeit getroffen sind und
ob die Abwehr dieser feindlichen Propaganda ebenso energisch und ziel-
bewußt organisiert ist, wie die Reichsverteidigung mit den Waffen. Der
großzügigen feindlichen Propaganda gegenüber kann selbstverständlich auch