XV. Zur Schaffung des Königreichs Polen.
Reichstagsrede des Reichskanzlers v. Beihmann Hollweg vom 19. 8. 1915.
„Unsere und die österreichisch-ungarischen Truppen haben die Grenze
von Kongreßpolen gegen Osten erreicht, und beiden fällt die Aufgabe zu,
das Land zu verwalten. Geographische und politische Schicksale haben
seit Jahrhunderten Deutsche und Polen gegeneinander zu kämpfen ge-
zwungen. Die Erinnerung an diese alten Gegensätze mindert nicht die
Achtung vor der Leidenschaft, Vaterlandsliebe und Zähigkeit, mit der das
Volk seine alte westliche Kultur, seine Freiheitsliebe gegen das Russentum
verteidigt und auch durch das Unglück dieses Krieges bewahrt hat. Die
gleißnerischen Versprechungen unserer Feinde ahme ich nicht nach. Aber
ich hoffe, daß die heutige Besetzung der polnischen Grenzen gegen OÖsten den
Beginn einer Entwicklung darstellen wird, die die alten Gegensätze zwischen
Deutschen und Polen aus der Welt schafft und das vom russischen Joch
befreite Land einer glücklichen Zukunft entgegenführen wird, in der es die
Eigenart seines nationalen Lebens pflegen und entwickeln kann.“
Reichstagsrede des Reichskanzlers v. Bethmann Hollweg vom 5. 4. 1916.
„Unsere und Österreich-Ungarns Absicht ist es nicht gewesen, die
polnische Frage aufzurollen; das Schicksal der Schlachten hat sie aufgerollt.
Nun steht sie da und harrt der Lösung. Deutschland und Österreich-Ungarn
müssen und werden sie lösen. Den status quo ante kennt nach so unge-
heuren Geschehnissen die Geschichte nicht. Das Polen, das der russische
Tschinownik, noch hastig Bestechungsgelder erpressend, das der russische
Kosak brennend und raubend verlassen hat, ist nicht mehr. Selbst Mit-
glieder der Duma haben offen anerkannt, daß sie sich die Rückkehr des Tschi-
nownik an den Platz, wo inzwischen ein Deutscher, ein Österreicher, ein
Pole ehrlich für das Land gearbeitet haben, nicht vorstellen können. Herr
Asquith spricht in seinen Friedensbedingungen vom Prinzip der Natio-
nalität. Wenn er das tut und wenn er sich in die Lage des unbesiegten
und unbesiegbaren Gegners versetzt, kann er dann annehmen, daß Deutsch-
land freiwillig die von ihm und seinem Bundesgenossen befreiten Völker
zwischen der Baltischen See und den wolhynischen Sümpfen wieder dem
Regiment des reaktionären Rußlands ausliefern wird, mögen sie Polen,
Litauer, Balten oder Letten sein? Nein, meine Herren, Rußland darf nicht