Auffassung über Beginn des U-Bootkrieges 305
keineswegs mit dem U-Bootkrieg auf das Frühjahr hinaus. Wir könnten
versichert sein, sobald wir militärisch feststehen, wird er gemacht. Nach den
Kriegserfahrungen komme es darauf an, wie die Engländer an der Somme,
soviel Kraft wie irgend möglich aufzuspeichern und dann loszulegen. In-
sofern scheine es ihm ganz gut, daß wir im Frühjahr den U-Bootkrieg noch
nicht begonnen hätten. Wenn es auch nicht seine Sache sei, zu beurteilen,
ob wir genug Boote hätten, so sei es ihm doch eine Beruhigung zu wissen,
daß wir jetzt soviel Boote hätten, daß auch er als Nichtfachmann an den
Erfolg glaube.
Er hätte sich rückhaltslos ausgesprochen, da er den Wunsch hätte, daß
volles gegenseitiges Vertrauen und Verstehen zwischen Heeres= und See-
kriegsleitung bestehe.
2. Berlin, den 23. 9. 1916,
4 Uhr 35 Min. nachm.
Der Reichskanzler an Seine Majestäl den Kaiser und König.
Euerer Mgjestät Befehlen gemäß habe ich die Frage der Euerer
Majestät Botschafter in Washington zu erteilenden Instruktionen') einer
eingehenden Prüfung unterzogen und wage folgende alleruntertänigste
Vorschläge zu unterbreiten:
Dem Grafen Bernstorff wird zu seiner persönlichen Orientierung mit-
geteilt, daß in der militärischen Lage ein gewisser Stillstand eingetreten
sei, wenn auch unsere Stellungen überall gehalten werden können. Der
Kampf an so vielen Fronten erfordere jedoch ungeheure Kräfte, und eine
Beendigung des Krieges sei aus vielen Gründen erwünscht.
Euerer Majestät Marine verspräche sich mit den jetzt sehr vermehrten
U-Bootkräften und angesichts der wirtschaftlichen Lage Englands einen
schnellen Erfolg, der durch einen rücksichtslosen U. Bootkrieg den Haupt-
feind England in wenigen Monaten zum Frieden zwingen würde.
Ein anderer Weg zur Beendigung des Krieges ließe sich eventuell
dadurch finden, daß der Präsident Wilson den Mächten einen Friedens-
antrag macht. Dieser müßte allerdings ohne bestimmte Vorschläge terri-
torialer Art gehalten sein, da diese Fragen Gegenstand der eigentlichen
Friedensverhandlungen seien. Einediesbezügliche Aktion des
Präsidenten müsse schnell erfolgen, da wir sonst
andere Entschlüsse zu fassen hätten. Wolle Wilson bis
nach seiner Wahl oder bis kurz vor derselben warten, so würde es
zu spät werden. Auch dürften sich die Verhandlungen
über die Annahme des Friedensvorschlages nicht
5) Diese erschienen dem Generalfeldmarschall und mir als ein erster Schritt. Der Verf.
Urkunden der Obersten Heeresleitung 1916—1918. 20
Telegramm.