Antwort der Verbandsmächte auf unser Friedensangebot 321
gebildet hat, die sich über die gegenwärtige Verantwortung klar ist und die zu hell
sieht, um die Pläne Deutschlands zu begünstigen, indem sie die Verteidigung der
menschlichen Freiheiten preisgibt.
Sie versucht endlich, vor den Augen der Welt im voraus neue Verbrechen zu
rechtfertigen: Unterseebootkrieg, Deportationen, Zwangsarbeit und gewaltsame Aus-
hebung von Staatsangehörigen gegen ihr eigenes Land, Neutralitätsverletzung.
In voller Erkenntnis der Schwere, aber auch der Notwendigkeiten der Stunde
lehnen es die alliierten Regierungen, die unter sich eng verbunden und in voller Über-
einstimmung mit ihren Völkern sind, ab, sich mit einem Vorschlage ohne Aufrichtigkeit
und ohne Bedeutung zu befassen.
Sie versichern noch einmal, daß ein Friede nicht möglich ist, solange nicht Ge-
währ besteht für die Wiederherstellung (réparation) der verletzten Rechte und Frei-
heiten, für die Anerkennung des Grundgesetzes der Nationalitäten und der freien
Existenz der kleinen Staaten, solange nicht eine Regelung sicher ist, die geeignet ist,
endgültig die Ursachen zu beseitigen, die so lange die Völker bedroht haben, und die
einzig wirksamen Bürgschaften für die Sicherung der Welt zu geben.
Die alliierten Mächte halten darauf, zum Schluß die folgenden Betrachtungen
anzustellen, die die eigentümliche Lage hervorheben sollen, in der sich Belgien nach
zweieinhalbjährigem Kriege befindet. Kraft der durch fünf Großmächte Europas,
unter denen sich auch Deutschland befand, unterzeichneten Verträge erfreute sich Belgien
vor dem Kriege einer besonderen Satzung, die sein Gebict unverletzlich machte und es
selbst unter die Garantie dieser Mächte stellte, in Sicherheit vor den europäischen Kon-
flikten. Gleichwohl hat Belgien in Mißachtung dieser Verträge den ersten Angriff
Deutschlands über sich ergehen lassen müssen. Deshalb hält es die belgische Regierung
für notwendig, genau den Zweck auseinanderzusetzen, weshalb Belgien niemals auf-
gehört hat, in den Kampf an der Seite der Ententemächte für die Sache des Rechts
und der Gerechtigkeit einzutreten.
Belgien hat immer peinlich die Pflichten beobachtet, die ihm seine Neutralität
auferlegt. Es hat zu den Waffen gegriffen, um seine Unabhängigkeit und seine Neu-
tralität zu verteidigen, die durch Deutschland verletzt worden sind, und um seinen inter-
nationalen Verpflichtungen treu zu bleiben. Am 4. August hat der Reichskanzler im
Reichstag anerkannt, daß dieser Angriff ein Unrecht gegen das Völkerrecht sei, und
hat sich im Namen Deutschlands verpflichtet, es wieder gutzumachen.
Seit zweieinhalb Jahren hat sich diese Ungerechtigkeit grausam verschärft durch
die Kriegsmaßnahmen und eine Besetzung, welche die Hilfsmittel des Landes erschöpft,
seine Industrien zugrunde gerichtet, seine Städte und Dörfer zerstört und die Nieder-
metzelungen, die Hinrichtungen und Einkerkerungen gehäuft haben. Und in dem
Augenblick, in dem Deutschland zur Welt von Frieden und von Menschlichkeit spricht,
führt es belgische Bürger zu Tausenden weg und bringt sie in Sklaverei.
Belgien hat vor dem Krieg nur danach gestrebt, in gutem Einvernehmen mit
allen seinen Nachbarn zu leben. Sein König und seine Regierung haben nur ein Ziel:
die Wiederherstellung des Friedens und des Rechtes. Aber sie wollen nur einen
Frieden haben, der ihrem Lande berechtigte Wiedergutmachungen (réparations),
Garantien und Sicherheiten für die Zukunft verbürgen würde."“
16.
An mein Heer und meine Marine“).
Im Verein mit den mir verbündeten Herrschern hatte ich unseren
Feinden vorgeschlagen, alsbald in Friedensverhandlungen einzutreten.
*) Der Erlaß war von der Obersten Heeresleitung entworfen und mit kleinen
Anderungen vom Reichskanzler gebilligt. Der Verfasser.
Urkunden der Obersten Heeresleltung 1916—1918. 21