Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Denkschrift über Behandlung bewaffneter Handelsschiffe 331 
  
deutsche Seekriegführung deutlich in Erscheinung getreten. Fortgesetzt 
mehren sich die Fälle, in denen feindliche Kauffahrteischiffe, ohne irgendwie 
angegriffen zu sein, ihrerseits angriffsweise gegen deutsche Unterseeboote 
vorgehen. Für die Ausführung der Geheimbefehle sind noch in allerletzter 
Zeit Beweise erbracht: so hat der französische Dampfer „Missisippi“ am 
8. November d. J. ein in weitem Abstand passirendes deutsches Unterseeboot, 
das keinerlei Angriffshandlung begangen, ja nicht einmal die Absicht hatte, 
ihn anzuhalten, seinerseits mit Artillerie angegriffen; ebenso hat der be- 
waffnete englische Dampfer „Caledonia“ am 4. Dezember d. J. einen 
Rammangriff auf ein deutsches Unterseeboot gemacht, obwohl auch hier 
keinerlei Angriffsabsicht, geschweige denn Angriffshandlung auf deutscher 
Seite vorlag; ferner sind im Monat November allein im englischen Kanal 
drei Artillerieangriffe unbekannter feindlicher Dampfer gegen deutsche 
Unterseeboote, die nicht das geringste gegen die Dampfer unternommen 
hatten, festgestellt worden, während sich im Mittelmeer in den letzten 
Monaten sechs solcher Vorfälle zugetragen haben. 
Bei dieser Sachlage können bewaffnete feindliche Handelsschiffe nicht 
beanspruchen, nach den Regeln des gewöhnlichen Kreuzerkrieges behandelt 
zu werden, vielmehr haben sie auch nach den Grundsätzen, welche die Re- 
gierung der Vereinigten Staaten von Amerika in der Denkschrift über die 
Rechtsstellung bewaffneter Kauffahrteischiffe vom 25. März 1916 kund- 
gegeben hat, den Charakter von kriegführenden angenommen. 
Die amerikanische Denkschrift geht davon aus, daß ein Schiff in neu- 
tralen Gewässern wie auf hoher See unter anderem dann als Kriegsschiff 
angesehen und behandelt werden muß, wenn es von der Regierung eines 
kriegführenden Staates den Auftrag oder Befehl hat, Angriffe zu unter- 
nehmen. Dabei setzt die amerikanische Regierung allerdings voraus, daß 
auf hoher See die Feststellung des kriegerischen Charakters nicht auf Ver- 
mutung, sondern nur auf überzeugenden Beweisen beruhen muß; diese 
überzeugenden Beweise liegen aber jetzt in solcher Fülle vor, daß kein 
Raum für einen Zweifel mehr gegeben ist. Wenn die amerikanische Denk- 
schrift hervorhebt, daß das Vorhandensein einer Bewaffnung auf einem 
Kauffahrteischiff an sich noch keinen hinreichenden Grund bietet, in ihm 
ein Kriegsschiff zu vermuten, so darf die deutsche Regierung darauf hin- 
weisen, daß für den kriegerischen Charakter der gegenwärtig bewaffneten 
feindlichen Kauffahrteischiffe außer der Bewaffnung selbst schwerwiegende 
weitere Umstände sprechen, unter denen die oben erwähnten Anweisungen 
der feindlichen Regierungen und die tatsächlich erfolgten überraschenden 
Angriffe auf deutsche Unterseeboote an erster Stelle stehen. 
Die amerikanische Denkschrift will ferner den staatlichen Auftrag zu 
Angriffsunternehmungen nur dann als vorhanden ansehen, wenn er mit
	        
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