384 XVII. Der Sonderfriedensversuch des Hauses Parma-Bourbon
Poincaré „durchflog den Brief Kaiser Karls vom 24. März mit ver-
haltener Stimme"“. Die Lage der Entente war damals ernst. Auf Grund
des Briefes wurden die Verhandlungen bis zum 18. April unter Hinzu-
ziehung Lloyd Georges eifrig fortgesetzt. Aus diesen geht hervor:
1. daß Frankreich an den Sonderfrieden mit Österreich dachte, nur
um Deutschland um so entscheidender zu treffen,
2. daß dieses nur einen Vernichtungsfrieden erhalten konnte,
3. daß Frankreich Elsaß-Lothringen in den Grenzen von 1914 bean-
spruchte und das linke Rheinufer erstrebte,
4. daß Belgien durch Malmédy zu vergrößern sei.
In der Konferenz zwischen Ribot, Lloyd George und Sonnino in
St. Jean de Maurienne am 19. April stellte es sich indes heraus, daß
Italien an seinen Forderungen, die es auf Grund des Vertrages vom
26. April 1916 an Österreich stellen konnte, festhielt.
Da Kaiser Karl Italien gegenüber in seinem Briefe kein Entgegen-
kommen gezeigt hatte, empfahl die Entente Österreich ein Nachgeben. Prinz
Sixtus sagte zu, seine Bemühungen, zum Sonderfrieden mit Österreich zu
kommen, fortzusetzen.
Am 22. April übergab Jules Cambon dem Prinzen folgende Notiz:
„Kein Friedensvorschlag Österreichs kann in Erwägung gezogen wer-
den, ohne daß die Gesichtspunkte der italienischen Regierung Berücksichti-
gung finden. Die zu unserer Kenntnis gelangten Vorschläge enthalten
nichts über die italienischen Ansprüche. Anderseits erhellt aus der Unter-
redung in St. Jean de Maurienne, daß die italienische Regierung nicht
geneigt ist, irgendeine der Bedingungen fallenzulassen, die sie beim Eintritt
in den Krieg stabilisiert. Unter diesen Umständen hat es keinen Zweck, eine
Unterhaltung zu beginnen, die nur in einer Sackgasse endigen könnte.
Wenn in einem bestimmten Zeitpunkt und unter neuen Gesichtspunkten
die österreichische Regierung glauben sollte, die Angelegenheit eines Sepa-
ratfriedens von neuem behandeln zu können, so würde es erforderlich sein,
daß sie die italienischen Aspirationen in Rechnung stellt, sowohl in bezug
auf Triest wie auf den Trentino“).
Gefühle der Sympathie, die der Kaiser für Frankreich und seine
Armee zu erkennen gegeben, finden gebührende Würdigung.“
Herr Cambon vertrat dabei die Meinung, daß der Krieg trotz der
Hilfe Amerikas nicht vor nächstem Frühjahr beendet wäre. Seine ein-
zige Besorgnis sei, daß das Volk zu Hause, das
mehr und mehr vom Krieg mitgenommen werde,
*) Frankreich hielt also ein Nachlassen Italiens in bezug auf Dalmatien für
möglich. Daß die Entente von Rumänien nicht sprach, muß auffallen. Graf Czernin
macht sich dies auch weiterhin zunutze. Der Verfasser.