Forts. d. Verhandlungen unter Mitwirkung v. Bethmann Hollwegs u. ihr Scheitern 389
Deutscherseits wird Wert darauf gelegt, daß auf dem Balkan ein Zu—
stand geschaffen wird, der Dauer verspricht, und deshalb die kleinen Staaten
verschwinden, und daß Osterreich-Ungarn und Bulgarien zufriedengestellt
werden. **êl
Deutschland befürwortet ein großes Neuserbien (Westserbien, Monte-
negro) und ein Nordalbanien, beide eng an Österreich-Ungarn angegliedert
und von ihm militärisch, politisch und wirtschaftlich abbängig. Die Form
der Angliederung ist Sache Österreich-Ungarns.
Deutschland empfiehlt, daß Österreich-Ungarn den bulgarischen Wün-
schen des linken Morava-Ufers (Eisenbahn) und eventuell auch Pristinas
entgegenkommt.
Italien muß aus Valona entfernt werden.
Die Angliederung von Südalbanien an Griechenland ist zu erstreben.
Deutschland wünscht, daß Öfterreich-Ungarn ihm in der mit Bulgarien
zu vereinbarenden Ausbeutung der Bodenschätze Neubulgariens freie Hand
läßt. Deutschland erblickt hierin einen wesentlichen Bestandteil der gegen-
seitigen Einigung über die allgemeinen Friedensbedingungen.
Die Erklärung Salonikis zum Freihafen soll angestrebt werden.
2. Falls Deutschland die territoriale Angliederung Kurlands und
Litauens sowie die deutscherseits in Aussicht genommene Anlehnung Polens
durchsetzt, so ist es einverstanden, daß das besetzte Kiuumänien, mit Aus-
nahme der bulgarischen Dobrudscha (Grenze bis 1913) und eines Grenz-
streifens südlich der Bahn Cernavoda—Constanza, als besonderer Staat
in die Interessensphäre Osterreich= Ungarns fällt, unter Sicherung
wirtschaftlicher Beteiligung Deutschlands in Ru-
mänien: Stark überwiegender Anteil an Besitz und Ausbeutung der
Bodenschätze (Mineralöle), Donauschiffahrt, Eisenbahn. Hierüber werden
Sonderberatungen stattfinden, bei denen Sicherheit für Deutschland ge-
schaffen wird, daß nicht Zoll-- und Tarifmaßnahmen den Nutzen der von
Deutschland geforderten wirtschaftlichen Beteiligung gefährden. Die Grund-
lage für eine solche Sicherheit kann dadurch gewonnen werden, daß die
Verhandlungen über ein einheitliches deutsch— österreichisch-ungarisches
Wirtschaftsgebiet zum Abschluß kommen.
Es wird deutscherseits der große Machtzuwachs betont, den Österreich-
Ungarn durch Rumänien erhält, namentlich durch die Vorteile, die ihm der
Zutritt zum Schwarzen Meer bringen wird.
Deutschland erklärt sich auf Österreich-Ungarns Wunsch bereit, die
Militär-Verwaltung in Rumänien anzuweisen, für den politischen, mili-
tärischen und wirtschaftlichen Anschluß Rumäniens an die Mittelmächte
durch Kundgebung des Volkes Stimmung zu machen.