Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

392 XVII. Der Sonderfriedensversuch des Hauses Parma-Bourbon 
  
  
denselben nicht geheim hielt. Ich muß aber ausdrücklich konstatieren, daß Erzberger 
bona side vorging und der begründeten Überzeugung war, im Sinne seiner Auftrag- 
geber zu handeln, als er die streng geheimen Tatsachen preisgab. Der Inhalt des 
Berichtes kam durch das Vorgehen Erzbergers zur Kenntnis unserer Gegner. Ein 
jeder, der meinen Bericht liest, kann sich eine Vorstellung von den Folgen machen. 
Die Darstellung des Grafen Wedel ist daher, soweit sie mir bekannt ist, vollständig 
richtig. Im übrigen könnte ich meine Darstellung, wie vieles andere gar nicht Er- 
wähnte, durch Dokumente beweisen, welche in meinem Besitze sind. Ich erfuhr von 
der UÜbergabe meines Berichtes an Erzberger erst, als es zu spät war. Die vom Grafen 
Wedel mit Erzberger jetzt besprochenen Tatsachen sind aber nur Glieder einer ganzen 
Kette unverantwortlicher Nebenpolitik, deren Gänge ich erst ein Jahr später entdeckte, 
und welche meine Demission veranlaßte. Mein demnächst über den Weltkrieg er- 
scheinendes Buch wird, soweit ich es für geboten halte, Klarheit über diese politischen 
Vorgänge bringen und, gestützt auf Dokumente, die Wahrheit beweisen. 
Botschafter Graf Wedel sendet der Hauptschriftleitung der „Hamburger 
Nachrichten" folgende Mitteilungen: 
„Herr Erzberger hat in Weimar bestritten, daß Graf Czernin ihn veranlaßt habe, 
nach Wien zu kommen, um ihm Rechenschaft über die Verwertung seines Berichtes zu 
geben. In dem in meinem Besitz befindlichen Briefe des Grafen Czernin heißt es 
wörtlich: 
„Erzberger hat seinerzeit Kenntnis von meinem Bericht erhalten und die schwer- 
sten Indiskretionen begangen. Er kam nach Wien, von mir zitiert, um mir Rechen- 
schaft über sein Vorgehen abzulegen. Er war damals ganz vernichtet und sah seinen 
kolossalen Fehler ein.. 
Es existieren über diese Vorgänge nicht nur die Briefe Hohenlohes, sondern noch 
andere beweiskräftige Dokumente. Das sollte Erzberger bedenken. Staatssekretär 
v. Kühlmann weiß auch die Wahrheit.“ 
Der Brief Kaiser Karls vom 9. Mai und die Note des Grafen Czernin 
wurden tatsächlich nicht mehr beantwortet. Um Kaiser Karl nicht zu ver- 
letzen, wurde von der Entente Graf Armand im August nach der Schweiz 
geschickt, wo er sich mit dem österreichischen Diplomaten Herrn Rivertera 
traf. Über die Besprechung selbst fehlen Nachrichten. 
Inzwischen war in Berlin Reichskanzler v. Bethmann durch 
Dr. Michaelis ersetzt und auf Veranlassung, jedenfalls unter Mitwirkung 
des Grafen Czernin die Friedensresolution gefaßt. Ein Friedensschritt 
des Papstes, dessen Träger der neu ernannte Münchener Nuntius Pacelli 
war, war in Vorbereitung und Ausführung. Auch hierüber wurde die 
O. H. L. nicht unterrichtet. 
Der Sonderfriedensschritt des Hauses Parma und der des Papstes 
— s. Abschnitt XIX — gehen ineinander über. 
Prinz Sixtus schließt seinen Bericht: 
„Am 2. Oktober 1917 bot Kaiser Karl durch den Grafen Czernin wieder 
den Frieden an, indem er sagte: „Wir haben jetzt unsere Hände freic (in 
diesen Tagen vollzog sich der deutsche Aufmarsch zum Angriff in Richtung 
Udine! Der Verfasser.); eine Woche später, am 9. Oktober, sprach dann
	        
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