404 XVIII. Zur Kanzlerkrise und Friedensresolution Juli 1917
Bis dahin müssen wir mit allen Mitteln versuchen, ÖOsterreich bei der
Stange zu halten. Das beste Mittel ist und bleibt die eigene Entschlossen-
heit! Geben wir früher nach, so gehen wir auch dann einem Heloten-
dasein entgegen, wenn wir einen „Verständigungsfrieden“ schließen, zu
dem, wie ich wiederhole, England meines Erachtens nur unmittelbar vor
dem Zusammenbruch bereit sein wird. Der Wirtschaftskampf Deutschlands
gegen den von England um uns gelegten und immer mehr verstärkten
Ring bleibt dann ebenso aussichtslos wie im Falle einer völligen
Niederlage.
Wir müssen also den Krieg mit allen Mitteln und mit äußerster
Schärfe führen! Euer Exzellenz bemängeln die Luftangriffe auf London.
Ich schätze die Engländer nicht so ein, daß bei ihnen durch Nachgiebigkeit
oder schonende Rücksicht irgend etwas erreicht werden kann. Der mili-
tärische Wert der Angriffe ist groß: Sie halten viel Kriegsmaterial von der
französischen Front fern und vernichten wichtige, feindliche Staatsein-
richtungen verschiedener Art. Daß hierbei auch unschuldige Menschen be-
nachteiligt werden, ist bedauerlich, aber nicht zu vermeiden. Um Euer
Exzellenz hiervon abweichender Ansicht besseres Verständnis entgegen-
bringen zu können, bitte ich um gefällige Mitteilung der Unterlagen für die
Auffassung, daß der vorletzte Luftangriff auf London die Instinkte des
englischen Volkes in verheerender Weise aufgepeitscht hat, und um Angabe,
welche Staatsmänner“") einem Friedensschluß vor diesem Angriff geneigt
waren, jetzt aber die von Euer Exzellenz erwähnten Erklärungen abgegeben
haben. gez. v. Hindenburg.
5.
Aktenauszug über die Kanzlerkrise.
Am 6. 7. drahtet der Generalfeldmarschall nachmittags an Seine
Majestät den Kaiser (in Wien): „Der Kriegsminister hält aus inneren
Gründen einen gemeinschaftlichen Kronvortrag mit mir und General
Ludendorff vor Euer Mojestät gleich nach dem Allerhöchsten Eintreffen in
Berlin für notwendig. Euer Mojestät bitte ich alleruntertänigst diesen
Vortrag Allergnädigst befehlen zu wollen. Ich fahre heute Nacht nach
Berlin."“
Der Reichskanzler wurde hiervon durch den Kriegsminister unterrichtet,
dem Kriegsminister wurde mitgeteilt, daß die O. H. L. bereit sei, mit Ge-
nehmigung Seiner Majestät einzelnen Abgeordneten Auskunft über die
militärische Lage zu geben.
*) Hierauf ist nie eine Antwort erteilt.