Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Prorokoll des Majors v. Harbou über Besprechung der O. H. L. mit Abgeordneten 413 
  
Kampffront anwesenden deutschen Offizieren ist die russische Armee schlecht, 
schlechter als früher. Es ist Kerenski zwar gelungen, Teile der Armee 
zum Angriff zu bewegen, die Schlagkraft des Feindes hat durch die Re- 
volution aber zweifellos gelitten. 
Dem verschärften Unterseebootkrieg hat die Ocberste 
Heeresleitung aus zwei Gründen zugestimmt. Die Überlegenheit unserer 
westlichen Feinde an Kriegsmaterial, besonders aber an Kanonen und 
Munition, war im Vorjahr derart groß, daß bei weiterem Anwachsen, 
d. h. bei ungehinderter weiterer Zufuhr aus Amerika und voller Aufrecht- 
erhaltung der feindlichen Rüstungsindustrie, ernste Gefahren auf der West- 
front für 1917 entstanden. Diese Gefahren ließen sich nur durch den ver- 
schärften U-Bootkrieg verringern. Hätten wir ihn nicht begonnen, so wüßte 
man nicht, ob wir jetzt an der Westfront noch würden standhalten können. 
Der erwartete Erfolg des U-Bootkrieges ist eingetreten. Die Gegner 
verfügen zweifellos über eine geringere materielle Überlegenheit als im 
Vorjahr, aus vielen Anzeichen wissen wir, daß alle unsere Feinde mit 
ernsten Produktionsschwierigkeiten kämpfen! England hat Holzmangel 
und fördert weniger Kohle, Frankreich und Italien erhalten weniger Kohle: 
die feindlichen Rüstungsindustrien stehen infolgedessen nicht mehr auf der 
vollen Höhe ihrer Leistungsfähigkeit. Die Saloniki-Unternehmung ist ein- 
geschränkt. So ist trotz des Hinzutritts Amerikas die Kriegführung in- 
folge des U-Bootkrieges zunächst für uns erleichtert. 
Das war der eine Grund des U-Bootkrieges, der zweite war all- 
gemeinerer Natur: Nehmen wir den verschärften Kampf auf, so war mit 
Sicherheit anzunehmen, daß die starke Verringerung der feindlichen Ton- 
nage den Kriegswillen unserer Gegner allmählich lähmen würde, da ihre 
Lebensbedingungen getroffen würden. Diese Annahme ist und bleibt zu- 
treffend. Der Zeitpunkt, zu dem die Kriegswirtschaft der Feinde zusammen- 
brechen wird, läßt sich nicht übersehen, kommen wird er. 
Mit der amerikanischen Kriegserklärung als Folge 
des verschärften U-Bootkrieges wurde von vornherein gerechnet. Sie 
durfte kein Hindernisgrund für den U-Bootkrieg sein, denn ohne den 
U-Bootkrieg hätten uns die Feinde überwältigen können, während ander- 
seits eine große und entscheidende Hilfeleistung der Vereinigten Staaten 
durch den Tonnagemangel außerordentlich erschwert wird. Churchill 
rechnet mit stärkerer amerikanischer Hilfe erst Sommer 1918. Vorher 
wird als für uns empfindlichster Verstärkung mit einer starken Ver- 
mehrung der feindlichen Flugzeuge durch amerikanische Geschwader zu 
rechnen sein. Gegenmaßregeln von unserer Seite sind getroffen. Im 
übrigen wären für ein amerikanisches Heer von 500 000 Mann mit Kriegs- 
gerät zur Überfahrt 3½ bis 4 Millionen Tonnen Schiffsraum, zu seiner
	        
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