Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

460 XXXI. Verschiedenes aus der ersten Jahreshälfte 1918 
  
  
Lösung allerdings pflichtgemäß nicht raten, da das Zusammenlegen der 
militärischen und politischen Exekutive in einer Hand die Rechte der Krone 
beeinträchtigen und dem Grundgedanken unserer politischen Struktur zu- 
widerlaufen würde. Eine derartige Gestaltung der Reichsleitung würde 
vermutlich nicht ohne schwere innere Folgen bleiben. 
Solange der bisherige Zustand aber beibehalten wird, erscheint 
es mir notwendig, die Abgrenzung der Verantwortlichkeit in einer formu- 
lierten Erklärung festzulegen. Eine derartige Erklärung habe ich den 
Herren Generalen vorgelegt. Sie hat Gegenstand einer Besprechung ge- 
bildet und ist in der anliegenden Form von mir und den Herren Generalen 
gebilligt worden"). 
Übergehend auf die einzelnen Punkte der Denkschrift darf ich mir fol- 
gende Bemerkungen gestatten: 
Die Bedeutung gesicherter Grenzen ist auch von mir keinen Augenblick 
verkannt worden. Mein Streben ist unablässig darauf gerichtet, die Grenz- 
gestaltung nach diesem Kriege so günstig als möglich zu machen. Hierbei 
muß aber in Betracht gezogen werden, daß die Grenzsicherung nicht unter 
allen Umständen eine rein militärische zu sein braucht. Nicht nur die 
militärisch-technische Unmöglichkeit für unsere Nachbarn, die Grenze zu 
überschreiten, sichert uns, sondern auch der feste Wille dieser Nachbarn, mit 
uns in gutem Einvernehmen zu leben. Eine zwar militärisch-technisch un- 
anfechtbare, aber politisch und materiell in die Interessen unserer Nach- 
barn tief eingreifende Grenzsicherung könnte zur Folge haben, daß wir 
gerade dadurch den Keim für die künftigen Konflikte legen, denen im In- 
teresse der ruhigen Entwicklung unseres Volkes vorzubeugen Aufgabe 
unserer Politik nach dem Kriege sein muß. Auch bringen Grenzberichti- 
gungen in großem Maßstab dem Deutschen Reich einen unerwünschten 
Zuwachs an fremdstammlicher Bevölkerung, der auf das innere politische 
Leben nicht ohne tiefgehenden Einfluß bleiben kann. Endlich haben Ge- 
bietserwerbungen dieser Art verfassungsmäßig die Mitwirkung des Reichs- 
tags und, soweit Preußen in Frage kommt, des preußischen Landtags zur 
Folge, von denen beiden es zweifelhaft ist, wie sie sich z. B. zu der Er- 
werbung größerer, von Polen bevölkerter Gebietsteile stellen würden. Es 
sind also auch hinsichtlich der Grenzsicherungen neben den militärischen auch 
noch andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die nicht ohne weiteres die 
Zusage möglich machen, daß unter allen Umständen die militärischen For- 
derungen von der politischen Exekutive angenommen und durchgesetzt 
werden müssen. 
Die elsaß-lothringische Frage bildet schon lange den Gegenstand ein- 
gehender Beratungen sowohl mit den deutschen Bundesregierungen als 
°) S. Seite 467.
	        
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