Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

464 XXI. Verschiedenes aus der ersten Jahreshälfte 1918 
  
  
nahme der russischen Delegation im einzelnen vor Eintritt in die Ver— 
handlungen nicht zu übersehen war, so war es auch nicht möglich, jeden 
einzelnen diplomatischen Schachzug vorher festzulegen. Das muß vielmehr 
dem bevollmächtigten Unterhändler überlassen bleiben, in dessen freie Be- 
tätigung von außen her in jeder Phase der Verhandlungen einzugreifen 
äußerst mißlich ist und die folgerichtige Durchführung der Verhandlungen 
überhaupt in Frage stellt. 
Die Richtigkeit der Berechnung des Staatssekretärs v. Kühlmann über 
die Wirkung der Erklärung vom 25. Dezember hat sich inzwischen erwiesen. 
Die Entente hat sich zur Teilnahme an den Verhandlungen nicht einge- 
funden, die Russen haben sich definitiv zu Verhandlungen über einen Se- 
paratfrieden entschlossen und, was das Wichtigste ist, wir sind den West- 
mächten gegenüber vollständig frei von allen Fesseln, die uns durch unsere 
früheren Erklärungen auferlegt waren. Unserm Volk gegenüber wird 
dadurch die Stellung der Regierung gestärkt und dem Ausland gegenüber 
tritt unser fester Wille, den Krieg nunmehr nach Ablehnung alles Ent- 
gegenkommens durch unsere Feinde bis zum Sieg der Waffen durchzu- 
führen, klar und deutlich hervor. 
Die erste Phase der Verhandlungen hat also zu einem diplomatischen 
Erfolg geführt. Wie diese Verhandlungen jetzt weiter verlaufen, bleibt 
abzuwarten. 
Von wirtschaftlichen Abmachungen in dem ersten Abschnitt der Ver- 
handlungen zu sprechen, ist verfrüht. Die wirtschaftlichen Besprechungen 
in den letzten Dezembertagen dienten lediglich dazu, das Terrain zu son- 
dieren und festzustellen, wie weit überhaupt mit den anwesenden russischen 
Delegierten derartige Fragen erörtert werden könnten. Die Verhand- 
lungen gingen über das Maß unverbindlicher Besprechungen nicht hinaus, 
und es lag gar nicht die Absicht vor, bereits feste Abmachungen zu treffen. 
Den Interessentenkreisen und den beteiligten Reichsämtern aber war nun- 
mehr eine Grundlage gegeben, um ihre Wünsche und Forderungen zu 
präzisieren und für die zukünftigen verbindlichen Verhandlungen festzu- 
legen. Bei dem Abschluß jeder wirtschaftlichen Abmachung wird die Re- 
gierung mit dem Widerstand der einen oder der anderen Interessenten- 
gruppe zu rechnen haben, da es unmöglich ist, allen den oft widerstreitenden 
Interessen gerecht zu werden. Den Interessenten aller Kreise aber ist reich- 
lich Gelegenheit geboten, ihre Wünsche zu äußern. Im Einverständnis mit 
Euer Majestät ist der Staatsminister Dr. Helfferich mit den Vorarbeiten 
in dieser Richtung beauftragt. Diese Vorarbeiten sind aber keineswegs 
erst jetzt angefangen worden, sie sind vielmehr in den verschiedenen Ressorts 
seit langer Zeit im Gange, und die Tätigkeit des Herrn Staatsministers 
Dr. Helfferich dient in erster Linie der Zusammenfassung des bisher in Den
	        
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