Berliner Besprechungen mit dem Grasen Czernin am 5. Februar 1918 4690
veranlaßt den Grafen Czernin, ohne daß er Kühlmann „trotz Besprechung
vieler politischer Fragen in Brest“ irgendetwas von seiner Absicht gesagt
hatte, am 5. 2. die Frage anzuschneiden, wie weit Österreich durch das
Bündnis mit Deutschland verpflichtet sei. Daß außer den Kreuznacher Ab-
machungen vom 17./18. 5. 1917 noch ein „Wiener Dokument“, am
27. 3. 1917 zwischen Czernin und Bethmann vereinbart, die Grundlagen
des Bündnisses bildete, war allen deutschen Vertretern überraschend. Es
war am 17./18. 5. 1917 in Kreuznach von Bethmann nicht erwähnt
worden. Herr v. Kühlmann kannte es bezeichnender Weise auch nicht,
ebensowenig Dr. Helfferich. Es umfaßt ein Minimalprogramm der
Friedensbedingungen und ein Programm für einen besonders günstigen
Kriegsausgang (Wortlaut siehe Seite 373). Czernin führte aus: „Öster-
reich muß jetzt wissen, wie weit es in diesem Kriege mit Deutschland
zusammengehen soll. Das verlange die innere Lage Österreichs. In dem
Dokument vom 27. 3. 1917 sei die Integrität der beiden Staaten vereinbart;
Österreich müsse also kämpfen, bis der Besitzstand auo ante bellum gesichert
sei und umgekehrt; es sei nicht verpflichtet mitzumachen, wenn Deutschland,
beim Vorhandensein einer militärisch günstigen Lage, um bessere Be-
dingungen zu erreichen, weiterkämpfen will. Pflicht und Recht beider
Staaten müsse also in Fall 1 klarer gefaßt werden, und zwar durch ein
neues, genaueres Programm der beiden Monarchen mit Gegenzeichnung
der Reichsleitungen und Mitzeichnung der beiden O. H. L.“
Deutscherseits wurde betont, daß auch der wirtschaftliche status quo
ante bellum wiederhergestellt werden müßte. General Ludendorff sprach
sich gegen einen „Vertrag mit nur negativen Kriegszielen“ aus, wir
brauchten Sicherungsgelände für die wirtschaftlichen Kraftzentralen in
Deutschland, daher „positive Kriegsziele“. — Czernin legte den Entwurf
eines Dokuments zur Festlegung der Frage „Wie lange muß Österreich
Stange halten?" vor (siehe nachstehend). Der Kanzler legte fest, daß
deutscherseits gegen die österreichische Aufzeichnung keine Bedenken bestehen,
wenn auf die positiven Kriegsziele nicht eingegangen würde. Weiteres
solle zwischen Czernin und Kühlmann geregelt werden.
Enkwurf für ein neues Bündnis-Dokumenl.
Vorgelegt von Graf Czernin am 5. Februar 1918.
In authentischer Interpretation zum Bündnisvertrage wird festgestellt,
daß das Bündnis zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn —
seinem defensiven Charakter entsprechend — keinem Teile Verpflichtungen
auferlegt, die über die Wahrung des territorialen status qduo ante bellum
hinausgehen.