Besprechung zwischen dem Reichskanzler, dem Gen. Feldm. u. General Ludendorff 491
sonst laufen wir, jedenfalls bei der Sowjet-Regierung, Gefahr, daß sie
alles versuchen werden, um den Brester Vertrag für sich zu verbessern.
Auch würden schon wirtschaftliche Abmachungen im Osten die Drohungen
der Entente bezüglich der wirtschaftlichen Boykottierung Deutschlands zu
nichte machen und damit unsere Stellung bei den Friedensverhandlungen
und in der Welt ganz ungemein stärken. J. A: gez. Ludendorff
7.
Vertrauliche Besprechung zwischen dem Reichskanzler, dem General-
feldmarschall und General Ludendorff am 1. Juli 1918 in Spaa.
1. Fall Kühlmann.
Reichskanzler: Bei Rede des Staatssekretärs haben unglückliche
Umstände mitgewirkt. Ermüdung und fehlende Zeit zur Vorbereitung
wegen vorausgegangener Sitzung des Hauptausschusses. Keine Zeit zum
Frühstücken, daher matter Tonfall und Eindruck, als verlöre K. im zweiten
Teil der Rede den Faden, während gegen ersten Teil der Rede nichts ein-
zuwenden gewesen war. Verwirrend hat auch der am selben Tage er-
schienene Bernhardt-Artikel gewirkt, der ähnliche Gedanken zu vertreten
schien. Da man Bernhardt Beziehungen zur O. H. L. nachsagt, konnte
Eindruck entstehen, als sei Rede des Staatssekretärs nach Verabredung mit
O. H. L. entstanden.
Ich war nur in großen Zügen durch K. unterrichtet, was er sagen
wollte, und hatte beim Anhören der Rede zunächst nicht so schlimmen
Eindruck, hörte aber gleich darauf von ungünstiger Wirkung. Leider hat
zweite Kühlmann-Rede Lage nicht gebessert.
Feldmarschall: Die O. H. L. hat aus ihrem Argwohn gegen den
Staatssekretär nie ein Hehl gemacht. Der Eindruck der Rede auf das Heer
ist niederschmetternd. Die Rede steht in schroffstem Gegensatz zur letzten
Rede Seiner Majestät. Der Staatssekretär muß Zeit finden, sich auf
so wichtige Rede vorzubereiten. Hinter ihm stehen Frankfurter Zeitung
und Berliner Tageblatt. Man hat den Eindruck eines Konflikts Kühlmann-
Reichstagsmehrheit gegen Reichskanzler.
Reichskanzler bespricht die Mitteilung der O. H. L. an die
Pressekonferenz (Telegramm Nikolai-Würz) und spricht dringende Bitte
aus, derartige Mitteilungen, die eine Kritik von Regierungsstellen ent-
halten oder eine Meinungsverschiedenheit zwischen O. H. L. und Reichs-
leitung erkennen lassen, an ihn zu richten und nicht unmittelbar an großen
Journalistenkreis.
Gen. Ludendorff erläutert die Entstehung der Mitteilung. Bei
schwerer Gefährdung der Stimmung durch Kühlmann-Rede war größte
Eile geboten, um Presse sofort zu beruhigen und von falschen Schlüssen