Besprechungen über eine neutrale Friedensvermittlung u. d. Buriansche Friedensschritt 503
Feinden betriebene Verbreitung der Lichnowskyschen Denkschrift an unserer
Front hervorruft, da dies unzweifelhaft für die Beurteilung des Falles
von Einfluß sein müsse.
2. Bezüglich der Wahlrechtsreform in Preußen habe ich ausgeführt,
daß das von S. M. dem Kaiser und König gegebene Wort eingelöst werden
müsse, und ich bei der Üübernahme des Reichskanzlerpostens ausdrücklich die
Verpflichtung hierzu übernommen hätte. Es müsse somit von seiten der
Regierung alles geschehen, um die Wahlreform in Preußen durchzuführen.
Der Schein, daß sie hierzu nicht den Mut und nicht die Macht habe, würde
sie um alles Vertrauen und alle Autorität bringen, und dabei handele
es sich nicht etwa um die Person der Minister, sondern direkt um Monarchie
und Dynastie."
2.
Außerungen des Wirklichen Geheimrats v. Berg und des Generalfeld-
marschalls v. Hindenburg über die Besprechung am 13. und 14. August 1918.
Exzellenz v. Berg — der einzige neutrale Teilnehmer an beiden
Sitzungen — schreibt unter dem 17. September 1919:
„Ich habe an der Besprechung am 13. August, wie an dem sogenannten
Kronrat am 14. August teilgenommen. Die Zusammenkunft des ersten
Tages galt der Vorbereitung und einer Einigung der zu ergreifenden
Maßnahmen auf Grund der militärischen und politischen Lage — der
äußeren und der inneren — zwischen Chef des Generalstabes und Kanzler,
bezw. dem Staatssekretär des Auswärtigen. Demzufolge sind am ersten
Tage dieselben Dinge behandelt worden, wie am 14. Ich habe damals den
mir besonders erfreulichen Eindruck gewonnen, daß die Zusammenarbeit,
die in vergangenen Zeiten viel zu wünschen übrig gelassen hatte, sehr gut
einsetzte, daß man sich gegenseitig verstand, offen miteinander sprach, kein
Mißtrauen vorhanden war. Das Resultat war nach Auseinandersetzungen
des Feldmarschalls und des Generals Ludendorff: Die militärische Lage ist
durchaus nicht hoffnungslos, hat sich aber verschlechtert, da die Offensive
nicht zum Ziel geführt hat und eine Defensive in Feindesland nur zu
einem allmählichen Mürbemachen des Feindes führen kann. Es war klar,
daß infolgedessen nicht an Kriegszielen würde festgehalten werden können,
an die man früher gedacht hatte, und daß man darauf Bedacht nehmen
müsse, Friedensfühler durch eine neutrale Macht auszustrecken. An ein
Friedensangebot direkt an die Feinde wurde von keiner Seite gedacht. Es
ist mir als Teilnehmer dieser Konferenz nicht erfindlich, daß an diesem
Tage für den Staatssekretär v. Hintze“) ein Grund vorgelegen haben sollte,
*) Herr v. Hintze stellt es so dar, als ob ihm die Oberste Heeresleitung Schwierig-
keiten bereitet hätte. Der Verfasser.