Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

508 XXII. Friedensverhandlungen 
  
  
führerbesprechung und begründete das damit, daß er der Depression und 
ihren Wirkungen nach außen, wie sie sich hier in Berlin nur allzu leicht 
und auch jetzt wieder zeigen, möglichst habe vorbeugen wollen. Der größere 
Ernst seiner Schilderungen betraf mehr die politische als die militärische Lage. 
Bezüglich letzterer glaubte ich, wie ich ihm mitteilte, von anderer Seite die 
Ansichten der O. H. L. zu kennen, die nicht mehr damit rechne, daß wir 
im Laufe des Jahres 1918 in der Lage sein würden, durch entscheidende 
Schläge zu Lande den Kriegswillen der Feinde zu brechen, wohl aber, daß 
wir unsere Stellung in Feindesland, wenn auch nicht in derselben Linie, 
während des Jahres 1918 würden halten können; ich sprach die Hoffnung 
aus, daß der U-Bootkrieg in Verbindung mit der erfolgreichen Verteidi-= 
gung zu Lande zum Ziel führen könne. Ohne diese Grundlage meiner Auf- 
fassungen näher zu erörtern, machte Exzellenz v. Hintze mir Mitteilungen 
über die Verbündeten, namentlich über das bevorstehende und von ihm 
bekämpfte Friedensangebot Österreichs. Er bestätigte aus der Partei- 
führerbesprechung die Mitteilung, daß wir durch neutrale Vermittlung 
versuchen wollten, zu Verhandlungen zu kommen:; ich könne ihm glauben, 
daß er wünsche, aus der belgischen Frage so viel herauszuholen, wie 
denkbar sei, ließ aber keinen Zweilfel darüber — und zwar wie ich mich zu 
erinnern glaube — unter Berufung auf Eure Exzellenz, daß er die Aus- 
sichten auf dauernde Sicherungen in Belgien nur noch für gering ansah. Im 
vollen Einvernehmen mit mir betonte er, daß gerade bei dieser Lage alles 
darauf ankomme, nach außen kein Schwanken, sondern absolute Festigkeit 
zu zeigen und im Volke zu erhalten. So hatte er nicht nur nichts dagegen, 
sondern sprach ausdrücklich den Wunsch aus, daß wir Konservativen und 
die Alldeutschen ihren Standpunkt bezüglich Belgiens aufrechterhalten und 
betonen möchten, daß uns die Lage keinen Anlaß gäbe, unsere Überzeugung 
von der Notwendigkeit der Sicherungen in Belgien aufzugeben. Er brauche 
solche Strömungen in der OÖffentlichkeit. 
Am 16. September teilte mir Graf Hertling persönlich und unter vier 
Augen mit, das Friedensangebot vom Grafen Burian vom 14. September, 
das er scharf mißbilligte, hätte seine Absichten durchkreuzt, die nach den 
Verabredungen in Spaa dahin gegangen seien, durch Holland Annäherung 
zu suchen. Dieser Weg sei uns jetzt durch das öffentliche österreichische 
Friedensangebot auf Wochen hinaus versperrt worden. Nachdem es einmal 
ergangen sei, hätten auch Eure Exzellenz sich damit einverstanden erklärt, 
daß wir uns nicht direkt ablehnend verhielten. 
Eurer Exzellenz stelle ich ganz anheim, welchen Gebrauch Sie von 
diesen meinen Mitteilungen machen wollen. An die Notwendigkeit der 
Diskretion über diese Vorgänge halte ich mich nicht mehr für gebunden 
gez. Graf v. Westarp.
	        
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