Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

512 XXII. Friedensverhandlungen 
  
  
Ich habe Graf.. nicht im Zweifel gelassen, daß wir im Falle der 
austro-polnischen Lösung auf weitgehende Grenzberichtigungen einschließlich 
des ganzen polnischen Kohlenreviers bestehen müßten. Wegen der anderen 
Frage habe ich meine Antwort vorbehalten. Auf meine Frage nach einem 
anderen Thronkandidaten nannte mir . . . , wenn auch mehr tastend, einen 
Prinzen von Sachsen. Er will aber erst nach Rückkehr von Warschau end- 
gültige Auskunft geben. Zusammenfassend sagte ...: 
Seine Freunde wünschten sich zu entscheiden über die Frage: War- 
schau, Wilna oder Wien, Warschau, Krakau. Wegen des Cholmer Ge- 
biets glaube ich, daß wir auf Grund dieser und der Vorschläge des ukraini- 
schen Ministerpräsidenten Lisogub, die Euer Exzellenz gesondert zugehen, 
zu einer Einigung kommen können, die weder die Ukrainer noch die Polen 
vollkommen unbefriedigt läßt. Die ganze Buglinie, die die Österreicher 
vorschlagen, wird den Polen allerdings nicht zugesprochen werden können. 
Was Wilna betrifft, so wird dieses ein Fremdkörper in Litauen 
bleiben, es den Russen zurückzugeben, würde den Nachteil haben, daß die 
russische Grenze wieder in unsere bedrohliche Nähe käme. Rußland würde 
später immer das natürliche Bestreben haben, auch ein größeres Vorgelände 
zum Schutze der hart an der Grenze liegenden Stadt zurückzuverlangen. 
Zudem besteht die Gefahr, daß die Zuteilung Wilnas an Rußland die 
Litauer und Polen in dem gemeinschaftlichen Schmerze um den Verlust 
dieser Stadt gegen Deutschland vereinen könnte. Wenn es auch nicht 
zweckmäßig ist, den Polen Wilna jetzt schon zu versprechen, so könnte ihnen 
vielleicht doch die Aussicht der Annahme der von ihnen vorgeschlagenen 
Formel eröffnet werden für den Fall, daß vorher gewisse Bedingungen, 
insbesondere die Militärkonvention, zu unserer vollen Zufriedenheit 
gelöst sind." 
Darauf antwortete die Oberste Heeresleitung am 31. August: 
„Für die polnische Frage stelle ich den Gesichtspunkt voran, daß ihre 
Lösung vor dem Beginn von Verhandlungen im Westen im Einvernehmen 
mit den Polen dringend erwünscht ist. Ich kann mich deshalb mit der 
Lösung Warschau—Wilna einverstanden erklären unter der Voraussetzung, 
daß sie uns sichere Garantien für einen dann unbedingt notwendigen engen 
Anschluß Polens an Deutschland bringt, und daß die Durchfuhr nach der 
Ukraine und Rußland nicht erschwert wird. (Bündnis mit Militär-, Eisen- 
bahn-, Nachrichtenmittel- und wirtschaftlichem Ubereinkommen. Wald von 
Bialowies mit notwendigem schmalem Vorland als preußische Staats- 
domäne;: Zollfreiheit für Durchfuhrgüter; Übernahme eines Teils unserer 
Kriegsschuld.) 
Für die Entwicklung in Litauen würde der Verlust der überwiegend 
polnischen Gebiete kein Nachteil sein. Allerdings hat die Antwort des
	        
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