Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

528 XXII. Friedensverhandlungen 
  
  
Friedensangebot morgen abend abgehen.« Ich erlaubte mir, dies in 
Zweifel zu ziehen. "vF 
Am späten Abend des 30. September rief ich General Ludendorff an. 
Ich machte ihm zunächst Meldung von dem Stand der Regierungskrisis, 
wobei ich meinem Erstaunen über die Ausschaltung der Krone bei der 
Lösung der Krise lebhaften Ausdruck gab. Die Krone müsse sich nun endlich 
schlüssig werden, wen sie mit der Bildung der neuen Regierung und den 
Verhandlungen mit den politischen Parteien beauftragen wolle; bisher sei 
noch nicht einmal ein Kanzlerkandidat namhaft gemacht. Inzwischen 
hätten die politischen Parteien aus eigener Machtvollkommenheit gehandelt 
und von sich aus dem Vizekanzler v. Payer das Amt des Reichskanzlers 
angeboten, das dieser indes abgelehnt habe, so daß die Lage zur Zeit 
verworren und der Zeitpunkt der Bildung der neuen Regierung völlig 
ungewiß sei. Das bisher eingeschlagene, nicht einmal in parlamentarisch re- 
gierten Ländern übliche Verfahren bei der Regierungsbildung bedeute 
nicht mehr Evolution, sondern Revolution, da es an Stelle der 
Souveränität der Krone die Souveränität der Mehrheitsparteien setze. 
Auf meine Frage, wer denn die Verantwortung hierfür und für den 
Kaisererlaß trage, erwiderte General Ludendorff, das habe der Staats- 
sekretär v. Hintze Seiner Moajestät so vorgeschlagen." 
6. 
Das „Drängen“ am 1. Oklober. 
a) Nach Nr. 19 der amtlichen Vorgeschichte des 
Waffenstillstandes. 
Legationssekretär Jordan im Gespräch mit der deutschen Gesandt- 
schaft?) in Wien: Jordan: Hier Jordan. Exzellenz Stumm beauftragt mich 
mitzuteilen, daß es unbedingt erforderlich sei, nicht nur prinzipielle An- 
nahme unseres Vorschlages, sondern auch formelle Antwort bereits heute 
mittag in Berlin zu haben, da Schritt noch heute unternommen werden 
soll. Verhandlungsort sei von sekundärer Bedeutung. Watlhington solle 
zunächst nur aus Höflichkeitsgründen vorgeschlagen werden, ohne dadurch 
Möglichkeit anderen Ortes auszuschließen. Wir müssen unter 
allen Umständen Antwort bis heutemittag haben 
b) Major Frhr. v. dem Bussche schreibt über den 
1. Oktober in seinen erwähnten Aufzeichnungen: 
„Am 1. Oktober rief mich General Ludendorff, der aus Berlin Nach- 
richten über den schleppenden Gang der Kabinettsbildung erhalten hatte, 
*) Deutsche Botschaft! Der Verfasser.
	        
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