Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

552 XXII. Friedensverhandlungen 
  
Lage und unsere Aussichten bei Verhandlungen 
immer ungünstiger gestaltet, halte ich mich für ver- 
pflichtet. Unsere Feindeschöpfen aus unserer inneren 
Zerrissenheit und verzagten Stimmung neue Kraft 
zum Angriff, neue Entschlossenheit zu hohen For- 
derungen. Feindliches und neutrales Ausland be- 
ginnen in uns nicht mehr ein Volk zu sehen, das 
freudigst alles setzt an seine Ehre. 
Demgegenüber gilt es mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß eine ein- 
heitliche vaterländische Stimmung in allen Stämmen und Schichten des 
deutschen Volkes lebendig wird und deutlich erkennbar in die Erscheinung 
tritt. Un dem felsenfesten Willen des Volkes, gegen 
jede demütigende Bedingung sich bis aufs äußerste 
zu wehren, darf niemand zu zweifeln Veranlassung 
haben. Nur dann findet das Heer die Kraft, der 
übermacht zu trotzen: nur dann finden unsere Unterhändler den 
Rückhalt für ihre schweren Aufgaben am Verhandlungstisch. 
Ich halte es deshalb für dringend geboten, daß mehr als bisher in 
der gesamten Presse, in den Versammlungen aller Parteien, aller Berufs- 
genossenschaften und Gewerkschaften, in den Kirchen, Schulen, Theatern und 
Lichtspielen jedem Deutschen die furchtbaren Folgen eines Friedens um 
jeden Preis klar und deutlich vor Augen geführt werden. In öffent- 
lichen Kundgebungen aller Art muß der Wille zum 
Ausdruck kommen, daß es für das deutsche Volk nur 
zwei Wege gibt: ehrenvollen Frieden oder Kampf 
bis zum Außersten! 
Das Vertrauen auf unsere gerechte Sache, der Stolz auf unsere ge- 
waltigen Leistungen in vier Kriegsjahren gegen die stärkste Koalition der 
Geschichte, das Bewußtsein allezeit bewährter Bundestreue und die uner- 
schütterliche Zuversicht an des deutschen Volkes Zukunft müssen uns in den 
Frieden hinüber geleiten und uns die Achtung vor uns selbst und die 
Achtung des Auslandes bewahren. Das allein kann der Ton sein, der 
unserer Presse und unseren Rednern geziemt. 
Für das Feldheer und die Besatzungstruppen werde ich von hier aus 
das Weitere veranlassen. Das Kriegsministerium erhält Abschrift mit der 
Bitte, innerhalb des Heimatheeres in gleichem Sinne zu wirken. 
Dieses Telegramm war bereits verfaßt, als die Ausführungen des 
Staatssekretärs Erzberger für die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ zu 
meiner Kenntnis kamen. Ich begrüße diese Ausführungen, in denen der 
Staatssekretär das Volk auffordert, in einmütiger Geschlossenheit zu-
	        
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