Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Das Friedens- und Waffenstillstandsangebot und die Revolution von oben 555 
  
  
(Ich habe über diese beiden Fragen mit Oberst v. Haeften seit dem 
9. Oktober dauernd gesprochen. Sie haben mit dem Telegramm der 
Obersten Heeresleitung vom 14. Oktober unmittelbar nichts zu tun. Oberst 
v. Haeften stellte auch die Fragen ganz unabhängig davon, allein aus dem 
Grunde, um das Staatsministerium zu einer klaren Auskunftserteilung 
anzuregen, als Ergänzung der Fragen, die an mich gerichtet werden sollten. 
Staatssekretär Solf warf indes in dem Nachfolgenden das Telegramm und 
die beiden Fragen zusammen und stellt sie als einen Akt hin. Der Ver- 
fasser.) 
Staatssekrelär Solf bezeichnet das Telegramm der Obersten Heeres- 
leitung, das diese Fragen stelle, als ein außerordentlich gefährliches Do- 
kument. Zwischen den Zeilen liege mehr als ein Appell an das deutsche 
Volk, sich zusammenzuraffen, nämlich der Versuch, die Verantwortlichkeit 
zu verschieben. Warum sei denn die Stimmung so gedrückt? Weil die mili- 
tärische Macht zusammengebrochen sei. Jetzt aber sage man: die militärische 
Macht wird zusammenbrechen, wenn die Stimmung nicht durchhält. Diese 
Verschiebung dürfe man nicht zulassen; sie paßt schlecht zu den eigenen 
Worten des Generals Ludendorff, der mit dem Kriegsminister einig ge- 
wesen sei, daß eine levée en masse nicht möglich ist. (Ich entnehme nur 
dieser Außerung, daß der Staatssekretär Solf am 9. Oktober meinen Aus- 
führungen nicht gefolgt sein kann. Der Verfasser.) Sehr prekär ist auch die 
zweite Frage, ob man die Truppen auf Gefahr des Bolschewismus vom 
Osten wegziehen könne. Laute die Antwort nein, so werde die Oberste 
Heeresleitung behaupten, sie hätte die militärische Lage mit den Verstärkun- 
gen halten können. Glaube sie wirklich, daß die geringen Truppen im 
Osten das Kräfteverhältnis ändern könnten? Man müsse den Generalfeld- 
marschall bitten, solche Telegramme nicht mehr hierher zu schicken. 
Scheidemann: Die Frage muß mit General Ludendorff auf das ein- 
gehendste besprochen werden. Auch ich meine, daß hier der Tatbestand 
verschoben werden soll. Das Telegramm der Obersten Heeresleitung sei 
allerdings vor Bekanntwerden der Antwort Wilsons abgegangen. Jetzt 
biete die Empörung der öffentlichen Meinung ihm scheinbar einen Rückhalt. 
Dies sei auch erklärlich, das dürfe uns aber nicht irre machen, wir müßten 
versuchen, uns an die Stelle der Gegner zu versetzen und den Tatbestand 
objektiv zu würdiggen und 
Glaube man wirklich, daß die Neigung im Volke noch groß sei, einen 
Finger krumm zu machen, um den Kaiser zu halten) 1und 
Der U-Bootkrieg sollte sogleich aufhören; die paar Schiffe, die man 
noch versenke, kämen nicht mehr in Betracht. 
(Der Staatssekretär Scheidemann ist also nach dem Weißbuch der Erste, 
der recht deutlich die Abdankung des Kaisers bespricht, wie er im Reichstag
	        
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