Das Friedens- und Waffenstillstandsangebot und die Revolution von oben 571
sollen uns außer Gefecht setzen. Bevor wir uns auf weiteres einlassen, muß der
Feind einmal sagen, was denn eigentlich seine Bedingungen sind.
Nicht kurzerhand mit Wilson abbrechen! Im Gegenteil: „Sagt doch mal, was
sollen wir eigentlich tun? Wenn du etwas gegen unsere nationale Ehre verlangst, uns
kampfunfähig machen willst, dann heißt es allerdings: nein!“
Damit verlasse ich den bisherigen Boden nicht. Ich bitte nur, die Maßnahme,
die der Kriegsminister vorgeschlagen hat, rasch durchzuführen.
Staasssekrekär Solf: Diese Maßnahme war doch auch damals schon in Aussicht
genommen.
General Ludendorff: Seit dem April und viel länger noch kämpfe ich um
Menschen. Sie sind mir nicht gegeben worden. Es ist doch eine Tatsache, daß wir
70 000 Mann monatlich zu wenig bekommen. Hört dieses Defizit auf, und die Kampf-
kraft des Feindes läßt nach, so braucht man nicht alle Bedingungen annehmen.
Der Reichskanzler: Könnte sich die deutsche Oberste Heeresleitung mit der ameri-
kanischen direkt in Verbindung setzen?
General Ludendorff: Die amerikanische hat nicht die Führung, sondern Foch.
Ist es nicht besser, zunächst noch einmal die Regierung zu fragen?
Kriegsminister Scheüch: Foch zu fragen ist es noch nicht Zeit. Das wäre ein
Eingeständnis der Niederlage.
General Cudendorff: Ich möchte noch einige für die Kriegführung wichtige
Punkte vorbringen:
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2. Die Frage der Zerstörungen. Ich habe von Euerer Großherzoglichen Hoheit
und auch vom Auswärtigen Amt Telegramme darüber bekommen. Wir haben pflicht-
gemäß alles getan, das Heer in den Schranken zu halten, die militärisch noch zu ver-
treten sind. Das ist eigentlich schon nicht mehr zu verantworten, daß man Häuser un-
zerstört läßt; denn Unterkunft ist eine große Hilfe für den Feind. Und später haben
die Franzosen die Häuser doch zerstört. In Lille sind das elektrische Licht, die Wasser-
leitung, die Trambahn unzerstört gelassen, aber Telegraph, Telephon und Bahn zerstört
worden. Das Schlimmste sind die englischen Flieger und die englischen großen
Kanonen. Das Material haben wir dem Auswärtigen Amt mitgeteilt.
Die Armee ist nicht dasselbe wie die einzelnen rohen Menschen, die darin sind.
Die Leitung kämpft gegen solche Roheit an. Ich bitte das in der Note an Wilson
zu betonen, denn die Armee hat ein Recht darauf.
Staatssekretär Scheidemann: Nachdem im feindlichen Ausland und besonders
auch im neutralen Gebiet die Verleumdungen unseres Heeres verbreitet worden sind,
muß ihnen entgegengetreten werden. Ich glaube es daher Euerer Großherzoglichen
Hoheit nahelegen zu sollen, daß es gut wirken würde, wenn man im Anschluß an
frühere Befehle noch einmal einen Befehl ergehen läßt, Zerstörungen zu unterlassen.
Wenn dann die Kuh weggenommen wird, so ist das selbstverständlich, denn die Truppen
müssen leben, aber was nicht nötig ist, und was wir mit Bedauern von den Urlaubern
hören, daß Möbel zerstört, Bilder zerschnitten, Betten verwüstet werden, das muß man
abstellen.
General Ludendorff: Wir haben vier Jahre Grabenkrieg geführt und haben zu
Unterständen und Holzbaracken greifen müssen, darin sollte sich die Truppe ruhen, das
kann sie aber nicht, wenn die Unterstände und Baracken leer bleiben, sie müssen
möbliert werden, dazu sind die Möbel requiriert. Ich halte das für militärisch erlaubt.
Wie kann sich die Truppe sonst erholen? Leider sind viele Mißgriffe geschehen. Wir
eifern dagegen an.
Aber sobald die Truppe weg ist, plündert auch die Bevölkerung. Waffen können
wir nicht zurücklassen. Da ist viel Schlimmes vorgekommen. Das ist leider richtig
Offiziell ist aber der Gebrauch der Möbel nur für die Unterkunft erlaubt.
Wir haben Wertpapiere zurückgebracht oder in Obhut genommen, sie werden
zurückgegeben werden. Die Gemäldesammlungen haben wir nach Valenciennes zurück-