Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Die Abwehr im Stellungskriege 621 
  
II. Artillerie. Kampfanfgaben. 50. Der Artillerie fallen in der Abwehrschlacht 
folgende Kampfaufgaben zu: 
a) Bekämpfung der feindlichen Artillerie und Minen- 
werfer (Siff. 51). 
b) Bekämpfung der feindlichen Infanterie und ihrer An- 
lagen (Siff. 52). 
c) Beschießung der rückwärtigen Reserven und Verbin- 
dungen einschl. Unterkünfte, Parks, Ballone usw., sowie Störung der 
Kampfführung, des Verkehrs und der Arbeit innerhalb und rück- 
wärts der feindlichen Stellungen (Ziff. 53). 
d) Sturmabwehr (Liff. 54). 
e) Bekämpfung von Panzerkraftwagen (SZiff. 55). 
l)Unterstützung von Gegenstößen und Gegenangriffen (Ziff. 56 bis 57). 
51. Die Artilleriebekämpfung erfolgt so lange wie irgend möglich in 
sorgfältig geleitetem, bis zur Erledigung des betreffenden Einzelziels durchgeführtem 
Zerstörungsfeuer und bezweckt Vernichtung des Geräts, der Munition und der Be- 
dienung in den Feuerstellungen und Munitionslagern. Auch die Beschießung der 
Beobachtungsstellen ist aussichtsreich. 
Eine völlige Niederkämpfung der gesamten Artillerie ist dadurch nicht erreichbar. 
Durch fortgesetzte Verluste an Gerät, Munition, Transportmitteln und Menschen kann 
aber vorübergehend und schließlich auch dauernd eine solche Verringerung der Kampf- 
kraft der feindlichen Artillerie erreicht werden, daß sie ihre Hauptaufgabe, die Vor- 
bereitung des feindlichen Infanterieangriffs, nicht ausreichend zu lösen vermag. Es 
werden dann die eigenen Verteidigungsanlagen mit ihrer Besatzung vom Feinde 
weniger stark beschossen werden; die Verluste der Infanterie werden also niedrig, ihre 
Kampfkraft bis zum Beginn des Infanteriekampfes erhalten bleiben. Die syste- 
matische Bekämpfung der feindlichen Artillerie ist daher eine 
ungemein wichtige artilleristische Aufgabe. 
Wenn der Kampf seinem Höhepunkt sich nähert, ist dieses planmäßige Verfahren 
wegen der Schwierigkeit der Beobachtung nicht mehr immer durchzuführen. Ein 
roheres Verfahren, durch das eine größere Anzahl Ziele schnell gefaßt werden 
kann, das jedoch nur zur vorübergehenden Lähmung und Dämpfung der feindlichen 
Artillerie führen wird, muß Platz greifen. Hierbei wird auf Beobachtung jedes Einzel- 
schusses verzichtet. Für die allgemeine Lage der Schüsse müssen aber ausreichende 
Unterlagen vorher und während des Schießens mit Hilfe von Einschießpunkten, all- 
gemeiner Luftbeobachtung, Anmessen, Tafeln für Berücksichtigung der Tageseinflüsse 
und im Notfalle durch Planauswertungen gesucht werden. Streuschießen auf 
ausgedehnte Räume und Massenfeuer auf Artillerienester 
ohne genauen Anhalt für die Lage der Schüfsse sind auch in dieser 
Lage zwecklos und daher zu verbieten. 
Eine besondere Bedeutung kommt der rechtzeitigen Artilleriebe-- 
kämpfung durch Gas zu. Sie kann u. U. in kurzer Zeit ausschlag- 
gebende Störung und erheblichen Aufschub des Angriffs be- 
wirken. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß alle Gaskampfstoffe nur gegen lebende 
Ziele wirken, während das Material nicht beschädigt wird und daß die Wirkung nur 
bei ausreichender Dichte des Gases am Ziel erreicht wird, außerdem von Witterung 
und Gelände stark abhängig ist. Im übrigen vergleiche die besonderen Bestimmungen 
über Gasschießen. 
Die Bekämpfung der feindlichen Ballone ist zur Störung der 
feindlichen Artillerietätigkeit wichtig. Gelingt es, die feindlichen Ballone herunterzu- 
schießen oder wenigstens weit zurückzudrücken, so wird dadurch eines der wichtigsten 
Beobachtungs= und Nachrichtenmittel des Feindes lahmgelegt oder doch empfindlich 
behindert. Die gesamte Kampfführung des Feindes kann dadurch einschneidend gestört 
werden. Zur Bekämpfung ist in erster Linie das schwere Flachfeuer geeignet. Für
	        
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