Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Der Angriff im Stellungskriege 643 
  
Durchführung aller Angriffe — auch eines Angriffs in größerem Rahmen — uner- 
läßlich ist. 
Der Kampf um die Höhenstellungen, der im Stellungskriege an Bedeutung ver- 
loren hat, tritt um so mehr in den Vordergrund, je mehr die Kämpfe den Charakter 
des Bewegungskrieges annehmen. 
10. Werden diese kurz niedergelegten Grundsätze beachtet, so werden wir an der 
Westfront auch im Angriff siegreich sein. 
C. Kräftebedarf; Vorbereikungen im allgemeinen. 
11. Schon bei den ersten Erwägungen über den Angriff muß eine vorläufige 
Bedarfsberechnung über die erforderlichen Mittel für den Angriff, namentlich 
an Artillerie, Minenwerfern und Munition, erfolgen (Ziff. 18). Können sie nicht 
verfügbar gemacht werden, so ist das Angriffsziel zu beschränken oder auf den Angriff 
zu verzichten. Ein Angriff mit unzureichenden Mitteln mißlingt stets, kostet unnützes 
Blut und ist ein grober Führungsfehler. 
12. Bei Angriffen von großer Tiefe ist ein Stoß mit ein und demselben Ver- 
bande (Div.) bis zum Verbrauch seiner Kraft mehreren aufeinanderfolgenden An- 
griffen mit frischen Verbänden vorzuziehen. Dementsprechend sind die Angriffsstreifen 
so zu wählen, daß ein Verband in sich befähigt ist, den Angriff lange zu nähren und 
ohne Aufenthalt durch die ganze Tiefe der feindlichen Stellungen hindurchzustoßen. 
Die Breite der Angriffsstreifen ist indes zugunsten einheitlicher Füh- 
rung nicht zu schmal zu bemessen. Wo es sich lediglich darum handelt, dem 
Feind ein Grabensystem seiner vorderen Stellung zu entreißen, kann eine Diovi- 
sion sich bis zu 3 km und mehr ausdehnen. Ist Eindringen in die Tiefe der 
feindlichen Stellungen beabsichtigt, so müssen die Divisions-Gefechtsstreifen schmäler 
gewählt werden; unter 2 km werden sie kaum heruntergehen. 
Dicht herangehaltene frische Verbände, die mit fortschreitendem Angriff sofort 
nachzuziehen sind, haben bei großen Angriffen den erreichten Erfolg durch Fortsetzen 
des Angriffs zu erweitern (ogl. Ziff. 6 letzten Absatz). Beim Durchbruchsangriff 
empfiehlt es sich, um ein Anhäufen zu vieler nebeneinander befehlender Kommando- 
stellen vermeiden und genügend breite Gefechtsstreifen machen zu können, die Divi- 
sionen zweiter Linie frühzeitig den in erster Linie angreifenden Divisionen zu unter- 
stellen. 
Der Schutz der Flanken ist besonders hierfür bestimmten Kräften zu übertragen. 
13. Die Ausgestaltung eines Anfangserfolges zum operativen Durchbruch hat 
zur Voraussetzung, daß starke Infanterie und zahlreiche leichte und schwere Artillerie 
glatt vorwärts kommen und daß die Munitionsversorgung und der sonstige Nach- 
schub nicht versagen. Zahlreiche bewegliche Kolonnen, Arbeits- 
truppen ufw. sind daher erforderlich. Der Bedarf hieran muß von Anfang ebenso 
in Rechnung gestellt werden wie der Bedarf an Kampftruppen. 
14. Jeder Angriff bedarf mehr oder weniger umfangreicher Vorbereitun- 
gen. Je größer der Angriff, um so früher muß damit begonnen werden. 
Den Vorbereitungen voraus geht eine genaue Berechnung des Bedarfs an Trup- 
pen aller Waffen, Munition, Ausrüstung und Gerät aller Art; sie ergibt sich aus der 
Festsetzung des Umfanges des Angriffs und der Zielräume für Artillerie und Minen- 
werfer. 
Nachstehend aufgeführte Reihenfolge in den Vorbereitungen dient als Anhalt: 
a) Verstärkung aller vorhandenen Stäbe und Verwaltungsbehörden bis ein- 
schließlich Etappe, 
b) Heranführen von Stäben und Vorkommandos der Angriffsverbände (Grup- 
pen- und Diov.-Kdos., Verwaltungsbehörden, Sonderformationen usw.), 
Heranführen von Nachrichtentruppen und der für den Nachschub notwendigen 
Arbeitskräfte und Transportmittel, 
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