Der Angriff im Stellungskriege 647
durch Lichtbild- und sonstige Fliegererkundungen, Beobachtung des feindlichen Funken-
und Fernsprechverkehrs, eigene Erkundungsunternehmungen, Überläuferaussagen usw.
Er sorgt dafür, daß die Aufklärung durch die Anderung in der Befehlsgliederung in-
folge des Einsatzes neuer Kommandobehörden vor und während dem Angriff keine
Unterbrechung oder Störung erleidet.
28. In der Vorbereitungszeit kommt es darauf an, Ablösungen und
Verstärkungen beim Feinde, seine täglichen Gewohnheiten, die Stärke, Art und Ver-
teilung der Infanterie, der Maschinengewehre, der Artillerie, Minenwerfer und der
Reserven, die Stellungen des Feindes bis in alle Einzelheiten, besetzte und unbesetzte
Stellungen, Scheinstellungen, Vormarschwege, Sammelplätze, Empfangsstellen für Mu-
nition, Gerät und Verpflegung, Nachschubwege, Förderbahnen usw. und die Gelände-
verhältnisse vor, in und hinter der feindlichen Front festzulegen. Im einzelnen un-
scheinbare Beobachtungen geben in ihrem Zusammenhang oft wertvolle Ausschlüsse.
Diese Feststellungen sind die Grundlage der Angriffsvorbereitungen.
Durch dauernde Nachprüfung auf etwaige Veränderungen wird sich
schließlich ein ziemlich lückenloses Bild der feindlichen Anlagen, Truppenverteilung und
Tätigkeit ergeben. Die richtige Bewertung der einzelnen Anlagen nach ihrer Be-
deutung für den Feind und für den Erfolg des Angriffs ist besonders wichtig. Daraus
ergibt sich die Zuweisung der Angriffsziele und Angriffswege im einzelnen und die
Zielverteilung für Artillerie und Minenwerfer.
29. Während des Angriffs ist mit allen Mitteln danach zu streben, daß
die Aufklärung nicht abreißt und daß die Fühlung mit dem Feinde nicht verloren
geht. Von besonderer Bedeutung ist die Feststellung der vordersten feindlichen Ab-
teilungen, etwaiger Rückzugsbewegungen, Bereitstellungen zu Gegenangriffen, sowie
Aufstellung, Bewegung, Verschiebung oder Ansammlung feindlicher Reserven und
feindlicher Artillerie.
30. Für den Angriff sind gute und übersichtliche, in bezug auf die feindlichen
Stellungen möglichst vervollständigte Karten und Skizzen auszugeben. Artillerie
und Flieger müssen außer etwaigen Sonderkarten auch die von der Infanterie be-
nutzte Karte in der Hand haben.
Es ist damit zu rechnen, daß einzelne Karten in die Hand des Gegners fallen.
Deshalb sind von der eigenen Stellung nur die vordersten Teile aufzunehmen,
Angriffsziele, Gefechtsstreifen, Feuerzonen und sonstige Linien, die auf die eigenen
Absichten schließen lassen, sind nicht einzudrucken. Handschriftliche Eintragung der für
sie wichtigsten Linien durch die Unterführer ist unbedenklich.
Die Zahl der Karten und Skizzen muß bei allen Waffen zur Ausstattung bis
mindestens einschließlich Zugführer ausreichen.
Vorführungen der feindlichen Stellungen und des Angriffsgeländes im Licht-
bild auf Grund von Fliegeraufnahmen erhöhen das Verständnis der Mannschaften
für ihre Kampfaufgaben.
31. Die endgültige Festsetzung der Angriffszeit ist wesentlich abhängig von der
Witterung (3. B. bezüglich Verwendung von Gas, Sichtverhältnisse, Beeinflussung
der Artilleriewirkung, Wegsamkeit bei nassem und trockenem Wetter). Der Wetter-
dienst ist daher frühzeitig zu Rate zu ziehen.
32. Gleiche Bedeutung wie der Aufklärung kommt dem Meldedienst zu.
Jede Truppe muß dauernd bestrebt sein, die Führung schnell über die
eigene Lage zu unterrichten, um ihr die Grundlagen für notwendige
Maßnahmen zu schaffen.
Bei größeren Angriffen ist von oben her eine besondere zeitliche und
örtliche Regelung notwendig.
Zeitlich wird geregelt, wann jede Stelle unbedingt melden muß; abgesehen
von besonderen Ereignissen, geschieht dies nach Erreichen bestimmter Ziele, Überschreiten
von Linien, wesentlichen Verlegungen des Artilleriefeuers u. dygl.