Dei Angriff im Stellungskriege 663
95. Als erste müssen Schlachtflieger eingreifen; sie werden auf günstig
liegendem Flugplatz oder Zwischenlandeplatz bereitgestellt. Sie müssen rechtzeitig
starten und so weit ab von der Front kreuzen, daß sie nicht gesehen werden, aber
dennoch auf die Minute pünktlich eingreifen können. Vorheriges Erproben der Flug-
zeit durch ein einzelnes Flugzeug am Tag des Angriffs selbst ist unter Umständen
zweckmäßig, da die Windstärke sede Berechnung umwerfen kann.
Alle Schutzstaffeln, die während des Infanteriekampfes verfügbar sind, und auch
Fliegerabteilungen, die nicht bei der Schlachtfeldüberwachung Verwendung finden, sind
als Schlachtstaffeln zur Bekämpfung von Erdzielen einzusetzen. Je mehr Kräfte hier-
für freigemacht werden, desto größer wird der moralische Eindruck auf den Gegner
sein. Die Luftbeobachtung für die Artillerie und für die Füh-
rung darf hierunter sedoch keines falls leiden.
Die Schlachtstaffeln richten ihre Angriffe nicht nur gegen die vordere feindliche
Linie, sondern suchen sich auch weiter rückwärts lohnende Ziele, z. B. noch feuernde
feindliche Batterien, bereitgestellte oder im Vorgehen befindliche Reserven, Verkehr
auf den für den feindlichen Nachschub hauptsächlich in Frage kommenden Straßen.
Einheitliche Regelung des Einsatzes der Schlachtstaffeln muß einer Zersplitterung
vorbeugen und die große Kampfkraft mehrerer im Kampf zusammenwirkender Flug-
zeuge zur vollen Enfaltung an entscheidender Stelle des Schlachtfeldes bringen. Vgl.
auch Teil 12 der Vorschriften für den Stellungskrieg.
96. Gleichzeitig mit den Schlachtfliegern erscheinen die Jagdstaffeln, um,
über die Linien hinaus vorstoßend, den Gegner über seinem Gebiet niederzukämpfen
und jede Erkundung unserer Hauptstoßrichtung zu verhindern.
Starke Kräfte auf den Flügeln sichern gegen eine Umgehung. Besonders ge-
fährdet ist der Flügel, der nach der Sonne zeigt, weil der Gegner stets seine Angriffe
und Erkundungen mit der Sonne im Rücken versuchen wird. Dorthin gehören die
stärksten und am meisten nach der Höhe gestaffelten Kräfte.
Zweckmäßigerweise wird die Luft über dem Kampffeld in mehrere Räume ge-
teilt, die etwas ineinander übergreifen. Jede Staffel oder Kette erhält im Befehl
einen nicht zu schmalen Raum und Höhenstreifen zugeteilt, die sie nur auf Grund be-
sonderer Ereignisse oder Erwägungen verlassen darf, abgesehen von kurzen Vorstößen
gegen feindliche Geschwader, die auch außerhalb dieser Räume angegriffen werden
müssen.
Die übergreifenden Teile müssen über den Brennpunkten des Kampfes fliegen,
um dort eine Verstärkung an Fliegerkräften zu erzielen. Über 4000 m ist eine der-
artige Einteilung nur bei einer sehr breiten Angriffsfront erforderlich, da die Kräfte
in großen Höhen nicht zersplittert werden dürfen; denn sie haben in der Regel den
Kampf gegen stärkere Geschwader aufzunehmen, die tiefer ins Land dringen wollen.
Durch die Einteilung solcher Räume wird ein schädliches Zusammenballen der
Fliegerverbände an einzelnen Stellen und ein Entblößen anderer Frontteile vermieden.
Vgl. auch Teil 13 des Sammelheftes.
97. Einige Minuten nach dem Beginn des Sturmes erscheint der Infan-
kerie-Flieger; er verfolgt die Vorwärtsbewegung der Infanterie, meldet
Störungen im planmäßigen Verlauf, besonders noch nicht erschütterte Stützpunkte des
Gegners, die einer erneuten Vorbereitung durch Artilleriefeuer bedürfen, und fordert,
nachdem das Ziel erreicht ist, die Kennzeichnung der vorderen Linie. Zu frühes An-
fordern ist stets ohne Erfolg und macht die Infanterie unruhig; es muß dieser etwas
Zeit gelassen werden, um sich einzurichten und Widerstände kleiner feindlicher Abtei-
lungen noch zu brechen. Hat der Infanterie-Flieger das Erreichen des befohlenen
Zieles erkannt, so meldet er zunächst durch Funkspruch die erreichten Punkte. Unklare
Stellen sind als solche zu melden und dann durch weitere Erkundung zu klären. Er-
gänzung durch abgeworfene Skizze ist erforderlich.
Soll beim Angriff ein tieferer Geländeraum genommen werden, so mühssen auch
während des Angriffsverlaufs die vorderen Linien festgelegt werden, und zwar wäh-