Der Angriff im Stellungskriege 669
in einer Stunde wird im allgemeinen eine sehr gute Leistung
sein. Daraus folgt, daß bei kurzem Vorbereitungsschießen (1 bis 2 Stunden und
weniger) die Zerstörung aller feindlichen Kampfgräben ufw. die
Verwendung uferloser Batteriemassen bedingen würde.
Eine solche völlige Zerstörung ist aber auch nicht nötig. Sind
die Gräben zerstört, so hält sich der Feind im Trichtergelände. Man kann sich damit
begnügen, die wichtigsten Anlagen (Flankierungsgräben, Schnittpunkte von Verkehrs-
gräben, Hindernisse an den Stellen, wo der Angreifer durch will usw.) zu zerstören.
Je schwächer die Besetzung ist, je mehr auf Überraschung gerechnet werden kann, desto
geringer werden die reinen Zerstörungsaufgaben sein.
Auch die Beschießung des Zwischengeländes (Siff. 40 b) wird nicht
jeden lebenden Widerstand vernichten können. Sie soll dem Feind nur Verluste bei-
bringen, ihn niederhalten und moralisch erschüttern. Sie soll ihm ferner Beobachtung
und Verbindung rauben, so daß er schließlich durch den Augenblick des Infanterie-
angriffs überrascht, verwirrt und außer Zusammenhang mit seinem Führer den Ent-
schluß zum spannkräftigen Widerstand nicht findet.
Es wird also, besonders wenn das Vorbereitungsfeuer nur kurz ist, im wesent-
lichen moralische Wirkung angestrebt (ogl. Ziff. 40 f und Ziff. 44). Der Erfolg
hängt davon ab, daß die Angriffsinfanterie die erreichte moralische Wirkung nicht
abflauen läßt, sondern sie sogleich ausnutzt. Nur selten wird der Infanterie
der Nahkampf dadurch völlig erspart werden; dieser wird
aber leicht sein, wenn die Infanterie rücksichtslos scharf zu-
faßt und so schnell nachdrängt, daß sie gleichzeitig mit den
letzten eigenen Schüssen vor dem Verteidiger steht (ogl. Ziff. 60).
12. zu Ziff. 42: Das genaue Einschießen kann durch Vorbereitungen
hinter der Front (Erschießen der besonderen Einflüsse, kartenmäßige Festlegung der
Batteriestellungen und der Ziele, rechnerische Ausschaltung der Tageseinflüsse, Fest-
legung der Seitenrichtung durch Geschütze der Stellungsartillerie) wesentlich verkürzt,
teilweise ganz ersetzt werden. Dies bedeutet eine erhebliche Vereinfachung der für den
Feind auffälligen artilleristischen Vorbereitungen und erleichtert so die Überraschung.
Versuche hierüber sind noch im Gang. Das Ergebnis wird mitgeteilt werden.
13. Zu Ziff. 45: Über die Feuerwalze bestehen Unklarheiten.
a) Teilnehmende Batterien: Von der gesamten Angriffsartillerie
kommen die bespannt bereitgehaltenen Begleitbatterien (Ziff. 47) für die Feuerwalze
nicht in Betracht. Außerdem müssen Überwachungsbatterien (Ziff. 49) ausgeschieden
werden, und schließlich muß die Bekämpfung der Artillerie (Ziff. 39) und der Ziele nach
Ziff. 41 sowie von Stützpunkten und von Geländeteilen, die nicht frontal angegriffen
werden (Ziff. 45, 6. Absatz), auch während des Vortragens des Infanterieangriffs auf-
rechterhalten bleiben. Lediglich diejsenigen Batterien, die für die
genannten, in erster Linie zu berücksichtigenden Zwecke nicht
in Frage kommen, sind also für die Feuerwalze verfügbar.
Von diesen Batterien sind Mörser und schwere Feldhaubitzen
weniger geeignet, weil ihre Sprengstücke auch nach rückwärts zu weit fliegen.
Mörser= und schweres Feldhaubitzenfeuer kann nahe vor der eigenen Infanterie liegen,
während diese sich in Deckung befindet, es muß aber größeren Abstand haben, wenn
die Infanterie sich vorbewegt. Einer Feuerwalze von Mörsern und schweren Feld-
haubitzen kann die Infanterie nicht ganz dicht folgen. An Feldkanonen= und leichtes
Feldhaubitzenfeuer kann und muß die Infanterie näher heranbleiben.
b) Beschaffenheit der Feuerwalze. Auch wenn man auf 50 m Breite
oder weniger je eine Batterie rechnet und die schießenden Batterien weit vorschiebt,
wird die Feuerwalze infolge der natürlichen Streuungen, die durch schlechtes Schießen
vergrößert werden, und infolge der Notwendigkeit, das schwere Feuer weiter vorzulegen,
keine dichte Wand darstellen, sondern in einer Tiefe von einigen 100 m
das Angriffsfeld bedecken.