Gefechtsvorschrift für die Artillerie 699
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führung auch größerer Angriffe ist an einem Tage anzustreben. Dies wird bei klei-
neren Angriffen gegen schwach ausgebaute und besetzte Stellungen meist möglich sein.
291. Das Einschießen muß unauffällig erfolgen. Es ist daher bei großen An-
griffen auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. Damit die Batterien sich dabei
gegenseitig nicht stören, ist einheitliche Regelung unerläßlich.
292. Der eigenkliche Angriff darf nicht eher beginnen, als alle Vorberellungen
genügend weit vorgeschrikten sind.
Vorherige Bindung an einen bestimmten Tag ist nicht zweckmäßig, weil der Er-
folg zu einem erheblichen Teil davon abhängt, inwieweit das Wetter die Beobachtung
begünstigt.
293. Die im allgemeinen Teil gegebenen Grundsätze für Feuerleikung und Feuer-
formen sind auch bei großem Angriff im Stellungskriege maßgebend. Zeitgerechte
Regelung des Feuers ist besonders wichtig. Weitgehendes Eingreifen in die Einzel-
heiten seitens der oberen Stellen ist nicht zu vermeiden.
294. Zusammenfassend seien folgende Gesichtspunkte hervorgehoben:
Für das Verfahren bei der Anordnung des Feuers und für den eilpunkt des
Sturmes läßt sich kein Schema geben. Die Wirkung des Feuers ist in wechselnden
Feuerpausen oder während — meist räumlich begrenzter — Feuerverlegungen fest-
zustellen (Erkundung aus der Luft, Erdbeobachtung, Patrouillen).
Wird hierbei geschickt verfahren, so wird der Gegner ständig in Unruhe gehalten
und verwirrt.
Ausschaltung oder Dämpfung der feindlichen Artillerie ist Voraussetzung des
Vorgehens der Infankerie.
Der Sturm erfolgt nach Jerstörung der wichtigslen Anlagen und Zermürbung
der Besatzung zu einem Zeitpunkt. in dem der Gegner durch die Beschießung am meislen
geschwächt ist, oder in dem er den Angriff am wenigsten erwarket, also entweder nach
höchster Feuersteigerung oder ohne vorherige auffällige Steigerung, jedenfalls aber in
ummitktelbarem Anschluß an die Wirkung des Feuers, so daß der erste Infankerist noch
mil dem letzten Schuß der Artillerie (Minenwerfer) die feindliche Stellung erreichk.
Die Arkillerlebekämpfung und die Störung der Kampftäligkeit des Feindes dürfen
auch nach gelungenem ersten Skurm keinen Augenblick nachlassen.
Jum unmilkkelbaren Feuerschutz der Infankerie muß das Feuer der Artillerie
enktsprechend dem Vorwärkskommen der Infankerie ständig vor ihr hergehen oder, wenn
die Infanlerie liegen bleibt, als Sperr- und Vernichtungsfeuer sich jederzeit vor sie
legen können.
Der Stellungswechsel der Artillerie muß so rechtkzeilig erfolgen, daß sieis flärkste
Feueruntkerstützung für die Infankerie gesicherk ist.
Juverlässiges Arbeilen der Nachrichten- und Verbindungsmiltel zwischen Artil-
lerie und Führung sowie zwischen Artillerie und den anderen Waffen muß daher in
jedem Zeitpunkt des Angriffs mit allen Mitteln erstrebt werden. Dies kann ausschlag-
gebend für den Erfolg sein.
Im ganzen kommt es darauf an, daß die Artillerie immer wieder Verbindung
und Beobachtung, einheiflich geleiletes Feuer und Zusammenfassung der Wirkung gegen
die gefährlichsten Ziele anstrebt. Soweit die planmäßigen Vorbereitungen reichen, ist
dies verhältnismäßig einfach. Je mehr der Durchbruch zum Bewegungskrieg wird,
desto mehr hängt der Erfolg von der Selbsttätlgkeit aller Führer und dem verständnis-
vollen Zusammenwirken aller Teile ab. Für das weitere Vortragen des Angriffs
gelten dann die Grundsätze des Bewegungskrieges.
Besondere Grundsäßtze für die Abwehr.
295. Die nachstehenden Grundsähe betreffen im wesentlichen die große Abwehr-
schlacht; sie gelten sinngemäß für Abwehr kleinerer Angriffe.
Kampfaufgaben und Kräftebedarf. 296. Eine genaue Berech-
nung des Kräflebedarfs ist für die Abwehr nicht möglich, da sie in höherem Maße
vom Kräfteeinsatz des Gegners abhängig ist. Immerhin geben die voraussichtlichen