Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

84 II. Hilfsdienstgesetz, Ersatz= und Arbeiterfragen 
  
uns jetzt von ihr trennen oder nicht; nach einem verlorenen Feld- 
zug aber wird uns das Festhalten an friedensmäßigen Zuständen nichts 
genützt haben. Wir würden aus der Geschichte der Völker gestrichen und 
wirtschaftlich zu völliger Abhängigkeit verurteilt sein. Als berufener Be- 
rater Seiner Majestät in der Führung des Krieges bin ich verpflichtet, diesen 
Erwägungen gegenüber der Regierung Ausdruck zu verleihen und den vollen 
Ernst der Dinge und die ausschlaggebende Bedeutung dieser Angelegenheit 
nachdrücklich zu betonen. Schreiten wir nicht zu einer schnellen und ganzen 
Lösung dieser Frage, so werden der Obersten Heeresleitung die Mittel zum 
Siege entzogen. 
Es ist nicht meines Amtes, zu bestimmen, auf welchem Wege die Auf- 
gabe, alle Kräfte und Mittel in den Dienst der Kriegswirtschaft zu stellen, 
zu lösen ist. Ich glaube aber nicht, es unterlassen zu dürfen, meinen An- 
sichten darüber kurz Ausdruck zu geben. 
Es ist nach meiner Überzeugung von höchster Wichtigkeit, daß ein 
Gesetz zustande kommt, in welchem ausdrücklich die Wehrpflicht für die ge- 
samte männliche Bevölkerung hinsichtlich der Dauer auf das 16. bis 60. Le- 
bensjahr und hinsichtlich der Verwendung auf die gesamte Kriegswirtschaft 
ausgedehnt wird. Wir müssen eine klare Lösung finden und das Ziel auf 
geradem Wege erreichen, sonst wird dem Volke der Umfang und die Be- 
deutung der ganzen Frage nicht klar. 
Jeder Mann muß seinem Können entsprechend in den Dienst gestellt 
werden, an der Drehbank, in der Schreibstube oder zu jeder anderen Betäti- 
gung, in der er dem Staat am meisten nützt. Dem werden die Ausführungs- 
bestimmungen zu entsprechen haben. 
Ein Gesetz ist nötig, weil die Volksvertretung an der Verantwortung 
mittragen muß und weil bei einer Mitwirkung des Reichstages die Bevölke- 
rung sich der neuen Aufgabe mit größerer Bereitwilligkeit unterziehen wird. 
Ich bin der Überzeugung, daß die Volksvertretung sich der Zustimmung zu 
dem Gesetz nicht entziehen wird, daß vielmehr die Annahme des Gesetzes sich 
zu einer Kundgebung unserer Stärke und unseres Willens von so ungeheurer 
Wucht gestalten wird, daß der Eindruck auf unsere Feinde groß sein wird 
und wir dem Frieden ein gutes Stück näher kommen"). 
Zum Schluß muß ich aber pflichtgemäß betonen, daß wir zu schneller 
Entscheidung kommen müssen und daß die Zeit in keiner Weise zu langen 
Erwägungen angetan ist. Einzel- und Ausführungsbestimmungen können 
daher erst getroffen werden, wenn die Aufgabe im großen gelöst ist. 
gez. v. KHinden burg. 
*) Der Eindruck auf den Feind wurde auch tatsächlich erreicht. Für Klarblickende 
boten die Verhandlungen wenig erfreuliche Rückschlüsse auf den politischen Barometer- 
stand im Innern des Vaterlandes. Der Verfasser.
	        
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