Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

88 II. Hilfsdienstgesetz, Ersatz- und Arbeiterfragen 
  
sich erst bei Eintritt milderen Wetters heben werden. Diese Schwierig- 
keiten veranlassen auch die Arbeiterbewegungen, weil die Kartoffelzufuhr 
durch den Frost verhindert wird. Ob bei den bisher nur ganz partiell auf- 
tretenden Streiks auch Aufhetzer und fremdes Geld") mitwirken, ist nicht 
festgestellt. Von hier sind alle verfügbaren Kräfte gestellt, um die 
Stockungen auf den Bahnhöfen zu beseitigen. Die stellvertretenden kom- 
mandierenden Generale sind angewiesen, Polizeitruppen aus den Mann- 
schaften zu bilden, um die überall zu schwache, örtliche Polizei an bedrohten 
Punkten zu verstärken. Ebenso sind Agenten tätig, um etwaige Aufhetzer 
zu ermitteln. Den Reichskanzler habe ich aufgefordert, durch die Gewerk- 
schaftsführer aufklärend auf die Arbeiter einzuwirken. Waffengewalt ist 
bisher nicht nötig gewesen und wird auch auf Wunsch der stellvertretenden 
Generalkommandos und der Industriellen vermieden. Ich halte die stellen- 
weise auftretende Bewegung in der Hauptsache für eine Ernährungsfrage. 
Ich darf bemerken, daß die Waffenindustrie kaum beeinträchtigt ist, 
wohl aber die Munitionsfertigung. Die Zuführung der Rohstoffe an die 
Pulverfabriken in Verbindung mit Kohlenmangel wegen der Verkehrs- 
stockungen war beeinträchtigt. Trotzdem verfügen wir über mehr Muni- 
tion wie vor Verdun und vor der Sommeschlacht. Die starke Vermehrung 
der Artillerie und Angriffe auf mehreren Fronten werden aber auch mehr 
Munition erfordern. Trotz alledem werden wir aushalten und mit allen 
Kräften an der Überwindung der Schwierigkeiten weiterarbeiten. Ich 
bitte Euer Exzellenz, an Allerhöchster Stelle dies zum Vortrag bringen 
zu wollen. Der Kriegsminister. gez. v. Stein. 
Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 27. 3. 1917. 
II Nr. 2635 geh. op. 
An den Chef des Militärkabinetts. 
Eurer Exzellenz gestatte ich mir, auf den unter dem 23. 3. übersandten 
Brief des Herrn Kriegsministers ergebenst zur eigenen Kenntnis zu be- 
merken, daß ich der Stellungnahme des Herrn Kriegsministers in einigen 
Punkten nicht beitreten kann. 
1. Die Schwierigkeiten in der Rüstungsindustrie waren nicht in dem 
eingetretenen Umfang vorauszusehen; andernfalls hätten sie sich 
mindestens zum Teil vermeiden lassen. Die Gegenmaßnahmen haben viel 
zu spät eingesetzt, ihre Wirkung ist zudem durch die Kälte erschwert worden. 
2. Die Arbeiterfrage sehe ich nach wie vor als ernst an, obgleich ich 
weiß, daß der deutsche Arbeiter zunächst noch überwiegend seine 
Pflicht gegen Monarchie und Vaterland erfüllen wird. Verständige Be- 
*) Leider zweifelte die Regierung daran, wir waren davon überzeugt, denn wir 
kannten die feindliche Propagando. Der Verfasser.
	        
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