Über Arbeiter- und Rüstungsfragen 89
lehrung könnte auch weiterhin, wenn die Ernährung sich noch mehr ver-
schlechtern wird, wirken. Diese Belehrung muß aber Sache unserer „Be-
hörden" sein. Ich halte es für verfehlt, wenn die Belehrung den
Gewerkschaften und einer gewissen Presse (ugl. „Vorwärts“ vom 18. und
19. 3.) überlassen und sogar übertragen wird. Das hießer „Den Bock zum
Gärtner setzen."“
Der Waffengewalt habe ich nicht das Wort geredet, im Gegenteil, ich
möchte, daß wir nicht dazu kommen, sie anwenden zu müssen. Die Er-
nährungsschwierigkeiten sind aber ein guter Nährboden für die Unzu-
friedenheit der Arbeitermassen und des Volkes; wie schnell diese Unzu-
friedenheit üble Formen annehmen kann, darüber dürfen wir uns nicht
täuschen.
3. Die Waffenindustrie war und ist unzureichend; September 1916
standen wir z. B. mit der Feldgeschützerzeugung so hoch wie im Februar,
und das reicht eben nicht aus. Gegen dieses Nichtausreichen muß ich
meine Stimme erheben. Die Munitionsherstellung bleibt weit hinter den
zugesagten Zahlen und lähmt, wie ich wiederhole, die Kriegführung. Daß wir
zur Zeit größere Reserven haben, wie seinerzeit vor Beginn der Somme-
Offensive, ist richtig. Diese Reserven sind aber nicht durch gute oder gar
gesteigerte Anfertigung, sondern allein durch größte Sparsamkeit bei den
Armeen erreicht, denen von mir sehr bestimmte Vorschriften gegeben
werden mußten. Es ist aber kein Zweifel, daß dieses Sparen uns Blut
gekostet und auch die Schießausbildung der Artillerie gelitten hat").
Es kommt hinzu, daß der Munitionsbedarf auch für kleinere Unter-
nehmungen immer größer wird, und daß der Bedarf in einer großen
Schlacht alles bisher Erwartete in den Schatten stellen wird.
„Aushalten“ werden wir, daran habe auch ich nie gezweifelt. Es muß
aber mit dem Mindesteinsatz an Menschenleben geschehen, und um dieses
Ziel zu erreichen, darum stehe ich nach wie vor auf dem Boden eines sich
immer weiter ausbauenden Rüstungsprogramms und einer gesunden Er-
nährungs= und Arbeiterpolitik, die allein die Verwirklichung dieses Pro-
gramms ermöglicht. gez. v. Hindenburg.
11.
Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 10. 9. 1917.
II Nr. 64 550 op.
An den Reichskanzler.
Auf Grund der im Gr. H. Qu. mit dem Herrn Reichskanzler, dem
Herrn Kriegsminister, bzw. mit den vom letzteren entsandten Offizieren
*) Es war für die O. H. L. ein bitteres Amt, die Forderungen der Armee immer
wieder beschneiden zu müssen. Das Versagen der Heimat zahlte der Soldat mit Blut
und Leben. Der Verfasser.