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Lande zu jagen. Der gemeinschaftliche Besitz der clevischen. Länder gab
indessen zwischen den beiden Fürsten fortwährend Veranlassung zu
Streitigkeiten. Eine Heirath sollte endlich Alles gut machen. Der
Kurfürst wollte seine älteste Tochter mit den jungen Pfalzgrafen ver-
mählen. Er kam deshalb im Jahre 1613 selbst nach Düsseldorf, um
diese Angelegenheiten mit dem Pfalzgrafen zu ordnen. Während eines
Mahles, bei dem Beide ziemlich dem Weine zugesprochen haben moch-
ten, kam die Rede auf die Heirath. Beider Köpfe waren erhitzt. Der
Pfalzgraf forderte die ganze clevische Erbschaft als Brautschatz. Der
Kurfürst aber erwiederte, auch nicht ein einziges Dorf werde er darum
abtreten, und ein Pfalzgraf könne es sich schon zur Ehre rechnen, die
Tochter eines Kurfürsten auch ohne Mitgift zu heirathen. Darauf
entgegnete der Pfalzgraf, es ginge ihm nicht um seine Tochter, es ginge
ihm um die Erbschaft. Diese Aeußerung beantwortete der Kurfürst,
den der Zomm überwältigte, mit einer schallenden Ohrfeige in Gegen-
wart der ganzen Tischgesellschaft. Wüthend sprang der Pfalzgraf aus
dem Saale, verließ auf der Stelle Düsseldorf und begab sich an den
bayerischen Hof. Mit dem Kurfürsten brach er alle Verbindungen ab.
Um sich den Beistand der katholischen Fürsten zu sichern, trat er zur
katholischen Kirche über und heirathete eine bayerische Prinzessin. Sein
alter Vater starb vor Gram. Beide Fürsten sahen sich nun nach
Bundesgenossen um. Für den Pfalzgrafen fielen die katholischen Spa-
nier unter Spinola, die in den Niederlanden standen, in die clevischen
Länder ein; für den Kurfürsten kämpften die protestantischen Holländer
unter dem Prinzen von Oranien. Das Land hatte unter diesen frem-
den Kriegsvölkern schrecklich zu leiden. Endlich kam zwischen den strei-
tenden Parteien zu Kanten (1614) ein Vertrag zu Stande. An ge-
meinschaftliche Regierung wurde nicht mehr gedacht; man schritt zur
Theilung. Cleve, Mark und Ravensberg flelen an Brandenburg, Jü-
lich und Berg dagegen an Pfalz-Neuburg (1614). Dieser Vertrag
wurde nach dem dreißigjährigen Krieg durch einen neuen Vertrag zu
Düsseldorf (1647) bestätigt. Die clevischen Lande, nebst Mark und
Ravensberg bildeten den ersten Kern der später so sehr erweiterten
preußischen Besitzungen am Rhein.