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und Longobarden, jagten hier den Wolf und den Bär. Zur Zeit der
Völkerwanderung (375) verließen auch die Bewohner der Marken,
wie andere deutsche Volksstämme, ihre unwirthliche Heimath, um
andere, schoͤnere Wohnsitze zu suchen. Die verlassenen Plätze an der
Spree und Havel nahm ein fremdes Volk in Besitz, das vom Morgen
herkam. Es gehörte zum Geschlechte der Slaven, das noch jetzt in
Polen und Rußland wohnt, und bestand aus verschiedenen Völker-
schaften, Wenden, Sorben, Obotriten 2c. Man sah es ihnen gleich
an, daß sie Fremde waren; denn der deutsche Mann war hoch und
schlank gewachsen, von blonden Haaren und blauen Augen. Die
Wenden aber waren kleiner, von starkem, gedrungenem Körperbau,
und hatten eine braungelbe Hautfarbe, einen feurigen dunklen Blick
und schwarzes Haar. Sie brachten auch fremde Sitten mit. Der
Deutsche liebte es in alten Zeiten, einsam in seinem Gehöfte zu
bleiben, und baute sein Haus gern auf die Höhen und Berge, wo
man dem Himmel näher ist und weit in das Land hinausschauen
kann. Die Wenden aber setzten sich in den Niederungen der Flüsse
fest, krochen in die Sümpfe und bauten sich da ihre schmutzigen Dörfer
aus Lehm und Holz. Ihre liebste Beschäftigung war der Fischfang.
Auch verstanden sie die Kunst des Webens und bereiteten sich selbst
die langen morgenländischen Gewänder, worein sie ihren Leib hüllten.
Obgleich dem Heidenthum ergeben, waren sie doch ehrbare und redliche
Leute. Die Gastfreundschaft war unter ihnen eine hohe Tngend.
Diebstahl und Meineid kannten sie nicht. Doch gab es unter den
Wenden auch grausame Sitten. Eltern, die viele Kinder hatten,
setzten die Töchter häufig zum Todthungern aus. Starb ein Mann,
so wurde dessen Frau mit dem Leichnam lebendig verbrannt. Wer
an Altersschwäche oder an einer Krankheit starb, konnte nicht selig
werden, glaubte man; deßhalb schlug man alte Leute todt. Wer in
der Schlacht fiel, erbte den Himmel. Ihr gemeinschaftliches Ober-
haupt nannten die Wenden Krole. Als oberste Gottheiten verehrten
sie den Belbog, als den Schöpfer der Welt und den Geber alles
Guten, und den Zernebog, als den Urheber alles Bösen. Beiden
legten sie viele Untergötter bei. Schon frühe mögen die Wenden-
stämme an der Elbe mit ihren deutschen Nachbarn in ernste Fehden
gerathen sein. Die erste Kunde davon erhalten wir aber erst zur Zeit
Karl's des Großen (800). Als dieser blutige Kämpfe mit den Sachsen
führte, fanden letztere an den Wilken, einem wendischen Stamme, einen
Bundesgenossen. Deßhalb zog der große Frankenkönig, nachdem er
die Götzentempel der Sachsen umgestürzt, auch gegen die Wilken und
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