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Prediger wurden des Landes verwiesen, und Böhmen hörte auf ein
protestantisches Land zu sein.
60. Tilly.
An der Spitze des katholischen Heeres stand der bayerische Gene-
ral Tilly, der Sieger in 36 Schlachten und unstreitig einer der größ-
ten Feldherren seiner Zeit. Er war von häßlicher Gestalt: mager, mit
gerunzelter Stirn, grauem, borstigem Haar, finsterm Blick, langer Nase,
hohlen Wangen, spitzem Kinn mit starkem Knebelbart. Gemöhnlich
ritt er einen Grauschimmel und trug ein grauseidenes Mäntelchen; auf
dem spitzen Filzhute wogte eine rothe Hahnenfeder. Durch eine geweihte
Hostie, die er beständig auf der Brust trug, glaubte er sich gegen alle
Kriegsgefahren geschützt. Seine Soldaten nannten ihn den deutschen
Josua. Neben seiner Wildheit war er ein demüthiger, uneigennütziger
Mann. Den Fürstentitel lehnte er ab, Reichthümer zu sammeln, ver-
schmähte er. Wein trank er nie und war überhaupt in den Genüssen
des Lebens so mäßig, wie selten ein Mensch. Schade, daß seine ruhm-
volle Heldenlaufbahn durch die grausame Zerstörung der Stadt Magde-
burg befleckt worden ist!
Nach der Schlacht am weißen Berge und der Einnahme Böhmens
würde der Krieg zu Ende gewesen sein, wenn nicht neue Kämpfer für
den evangelischen Glauben in die Schranken getreten wären. Solche
waren zunächst der Graf von Mansfeld, der Markgraf Georg Friedrich
von Baden-Durlach und der Herzog Christian von Braunschweig.
Allein Tilly schlug den Markgrafen bei Wimpfen am Neckar (1622),
eroberte die pfälzischen Länder des geächteten Friedrich und überwältigte
dann auch Mansfeld und Christian von Braunschweig. Als er dar-
auf, obgleich es keinen Feind mehr zu bekämpfen gab, mit seinen
Truppen in Westphalen stehen blieb, glaubte sich der niedersächsische
Kreis von ihm bedroht und ließ unter seinem Obersten, dem Könige
Christian IV. von Dänemark, ein Heer in's Feld rücken. Bald er-
schienen auch Mansfeld und Christian von Braunschweig mit neuen
Schaaren auf dem Kampfplatze. Dadurch sah sich der Kaiser veran-