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den Schweden ihre Thore, der Weg nach Wien war frei und der
Kaiser zitterte in seiner Hofburg.
63. Gustav Adolph und Wallenstein.
Ferdinand II. hatte mit einem Schlage die Vortheile vieler Siege
verloren. Dazu war die nächste Zukunft für ihn voll drohender Ge—
fahren. Da muste er sich zu etwas entschließen, wozu ihn nur die äusiterste
Noth zwingen konnte. Er mußte sich wieder an Wallenstein wenden,
den er früher unklugerweise verabschiedet hatte. Nach vielen Bitten
trat der tiefgekränkte, stolze Friedländer wieder auf den Kriegöschauplatz.
Seine Werbetrommel rief im Nu wieder neue Schaaren unter seine
Fahnen. Bei Nürnberg trat er in ein verschanztes Lager. Elf
Wochen standen ihm die Schweden gegenüber. Endlich wagte Oustav
Adolph den Sturm; er wurde aber mit großem Verluste zurückgeschla-
gen. Da zog er ab und wandte sich wieder nach Bayem. Wallen-
stein begab sich durch den Thüringer Wald nach Sachsen. Dadurch
wurde Gustav Adolph veranlaßt, ebenfalls nach Sachsen zu gehen. In
den Ebenen zwischen Leipzig und Lützen trafen beide Heere auf ein-
ander. Das wallensteinsche zählte 40,000, das schwedische 27,000
Mann. Am Morgen des 16. November 1632 bedeckt ein dichter
Nebel die ganze Gegend. Im Dunkel ordnen die beiderseitigen Feld-
herren ihre Schaaren. Der König sinkt betend auf die Knie, mit ihm
sein ganzes Heer. Darauf reitet er auf seinem weißen Leibpferde durch
die schlagfertigen Reihen seiner Krieger und redet begeisterte Worte zu
ihnen. Ein freudiger Zuruf erschallt aus dem Munde des ganzen
Heeres. Auch Wallenstein fliegt mit seinem Streitrosse die Reihen auf
und nieder, Belohnung dem Tapfern, Verderben dem Feigen verkün-
dend. In dem schwedischen Heere blasen die Trompeter die Melodie
des Lutherliedes: „Eine feste Burg ist unser Gott“ und die deutschen
Regimenter singen das Lied, welches Gustad Adolph selbst gedichtet
haben soll:
„Verzage nicht, o# Häuflein klein,
Ob auch die Feinde Willens sein,
Dich gänzlich zu verstören rc.“
Gegen elf Uhr bricht endlich die Sonne durch den Nebel. Da