Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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66. Sein Regierungsantritt. 
1640. 
Am 20. November 1640 trat Friedrich Wilhelm die Regierung 
an. Er war erst 20 Jahre alt, aber die früheren Erfahrungen hatten 
ihn zum Manne gereift. Seltene Eigenschaften schmückten den jugend- 
lichen Fürsten. Sein Aeußeres bildete eine kräftige stattliche Gestalt. 
Die Stirn war hoch und frei. Aus den blauen Augen strahlte das 
Feuer einer unentweihten Jugend. Er besaß einen gebildeten Geist, 
kühnen Heldenmuth, einen kräftigen Willen und eine scharfe Beobach- 
tungsgabe. Dazu besaß er die Kunst, aus allen Umständen den mög- 
lichsten Vortheil zu ziehen. Die Fülle solcher Gaben war auch nöthig, 
damit er im Hinblick auf die Größe seiner Aufgabe von vom herein 
nicht muthlos werde. Vor Allem und zunächst trachtete er darnach, 
dem erschöpften Lande Frieden zu bringen. Der Kaiser drohte mit 
seinem Zorn; aber die Wohlfahrt seiner Unterthanen war ihm theurer, 
als die Freundschaft des Kaisers: er schloß mit den Schweden Waffen- 
stillstand. Nun suchte er Herr in seinem Lande zu werden. Das war 
indessen ohne den Sturz Schwarzenbergs nicht möglich. Diesen aber 
sogleich aus seinen Aemtern zu entfernen, verbot ihm die Klugheit, denn 
er hatte einen bedeutenden Anhang, besonders waren ihm die Truppen 
ergeben, die in den brandenburgischen Festungen lagen. Er ließ ihm 
vorläufig die Statthalterschaft in den Marken und hielt sich in Preußen 
auf. Zugleich umgab er sich mit anderen Räthen. Schwarzenberg 
mißbilligte die Schritte des Kurfürsten. Dieser aber achtete nicht da- 
rauf. Da merkte der einst so gewaltige Mann, der durch seine heil- 
losen Rathschläge so viel Unglück über Brandenburg gebracht hatte, daß 
seine Zeit vorüber sei. Die ihm drohende gänzliche Ungnade wirkte 
so sehr auf sein Gemüth, daß er bald darauf am Schlagflusse starb. 
Jetzt war der Kurfürst bemüht, ein stehendes Heer zu bilden, das nur 
ihm gehorchte. Bisher waren die brandenburgischen Truppen, die aus 
6 bis 7000 Söldnern bestanden, durch ihren Eid dem Kaiser und 
nur nebenbei durch einen Handschlag dem Kurfürsten verpflichtet. Als 
sie Friedrich Wilhelm daher aufforderte, ihm den Schwur der Treue 
zu leisten, verweigerten sie denselben. Da jagte er die widerspenstigen 
Befehlshaber aus dem Lande und löste die einzelnen Regimenter auf-
	        
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