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91. Warschall Derfflinger,
geb. 1606, gest. 1695.
Derfflingers Herkunft und Jugend sind in tiefes Dunkel gehüllt.
Man weiß nur, daß er im März des Jahres 1606 in Oesterreich ob
der Ens geboren worden ist. Seine Eltern sollen arme Bauersleute
gewesen, und um ihres evangelischen Glaubens willen aus ihrer Hei-
math vertrieben und nach Böhmen ausgewandert sein. Ueber die
Schicksale seiner frühesten Jugend sprach sich Derfflinger nie aus, und
schon zu seinen Lebzeiten verzichtete man darauf, je etwas Zuverlässiges
darüber zu erfahren. Unterricht scheint er wenig empfangen zu haben.
Als er heran gewachsen war, widmete er sich dem Schneidergeschäfte
und ging, nachdem er seine Lehre beendigt hatte, als sechszehnjähriger
Jüngling auf die Wanderschaft.
Da wollte er einst von Tangermünde über die Elbe seinen Weg
nach Berlin nehmen. Die Schiffer wiesen ihn aber zurück, weil er zu
arm war, das Fährgeld zu bezahlen. Das fuhr ihm heftig durch den
Sinn, und als er gleich darauf sah, daß ein Trupp Soldaten um-
sonst übergeschifft wurde, merkte er, daß das Schwert mehr gelte als die
Nadel, und:
Er warf sein armes Bündel
Flugs in den Strom hinein
Und Nadel, Maß und Elle
Und Bügel hinterdrein,
Und ließ sich hurtig werben,
Nahm auch ein Handgeld an,
Und war in wenig Stunden
Ein schmucker Reitersmann.
In wessen Dienste er zuerst trat, kann nicht mit Gewißheit gesagt
werden. In der Schlacht auf dem weißhen Berge (bei Prag) focht er
unter dem Grafen Matthias von Thurn. Spéter diente er im schwedi-
schen Heere, und da ein großer Mann in ihm steckte, kam er auch
heraus. Er stieg von Stufe zu Stufe bis zum Generalmajor. Diese
Würde verlieh ihm die Königin Christine selbst, als er ihr die Nach-
richt von einem glänzenden Siege nach Schweden überbrachte, den er
als Oberst an der Spitze eines Reiterregiments hatte mit erfechten
helfen. Und so kämpste er den ganzen dreißigjährigen Krieg hindurch