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König auf dem Throne niedergelassen hatte, knie'ten die höchsten Reichs-
beamten vor ihm nieder und reichten ihm die Abzeichen der königlichen
Wäürde. Er setzte sich die goldene Krone auf das Haupt, und nahm
dann das Scepter in die rechte und den Reichsapfel in die linke Hand.
Der Kronprinz und des Königs Brüder traten zu ihm und verpflichte-
ten sich zur Unterthänigkeit. Darauf erhob sich der König, um in die
Zimmer der Königin zu gehen. Der Kronprinz, die Brüder des Königs
und andere hohe Personen, welche die Abzeichen der königlichen Würde für
die Königin trugen, gingen voran. Die Königin, von ihren Damen
umgeben, stand am Eingang des Vorzimmers. Sie war in Goldstoff
gekleidet. Ein Kranz von Perlen, den sie auf der Brust trug, war
Millionen werth. Ihr Mantel war wie der des Königs. Als die
Königin ihren Gemahl erblickte, neigte sie sich vor ihm. Der König
setzte die goldene Krone auf ihr Haupt; darauf nahm sie das Scepter
und den Reichsapfel, und beide gingen mit ihrem Gefolge in den großen
Saal zurück. Da empfingen sie unter dem Thronhimmel die Huldi-
gungen aller Anwesenden. Endlich riefen die Glocken zur Kirche. Der
Weg dahin war mit rothem Tuch belegt. Zu beiden Seiten des
Weges standen Soldaten zu Pferde und zu Fuß. Der König und die
Königin gingen unter prächtigen, von Edelleuten getragenen Thron-
himmeln; dahinter folgten die Abgeordneten der verschiedenen Stände.
Der Zulauf des Volkes war unermeßlich. An der Kirchenthür em-
pfingen die beiden höchsten Geistlichen die Majestäten mit den Worten:
„Es gehen hier ein die Gesegneten des Herrn!“ Unter Trompeten-
und Paukenschall gingen der König und die Königin zu den Thronen,
die an beiden Seiten des Altars errichtet waren. Lobgesang und
Altargebet begannen; der Bischof von Bär hielt dann die Predigt über
die Worte aus dem 1. Buch Samuelis Kapitel 2, Vers 30: „Wer
mich ehret, den will ich wieder ehren.“ Darauf ging die Salbung
vor sich. Der König trat zum Altar, knie'te nieder, nahm seine Krone
vom Haupt, und legte sie und das Scepter neben sich. Der Bischof
von Bär salbte ihn mit Oel an der Stirn und an den Handzgelenken,
indem er sprach: „Gott salbe unsern König mit seinem heiligen Geiste!“
Darauf setzte sich der König die Krone wieder auf das Haupt. Nun
trat auch die Königin zum Altar und empfing die Salbung. Als die
heilige Handlung vorüber war, rief alles Volk: „Amen, Amen! Glück
zu dem Könige! Glück zu der Königin! Gott verleihe ihnen langes
Leben!“ Die Glocken läuteten, die Soldaten feuerten ihre Gewehre ab,
und die Kanonen auf den Wällen donnerten.
Das Tuch, welches den Weg nach der Kirche bedeckte, wurde dem
Borussia. 11