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erste Flügelmann war so groß, daß August der Starke, König von
Polen und Kurfürst von Sachsen, der eben auch nicht klein war, ihm
vergebens mit der Hand auf den Kopf zu kommen suchte. Ein Deut-
scher, der sich in Paris als Riese für Geld sehen ließ, konnte in Pots-
dam erst als vierter oder fünfter Mann gebraucht werden. Um Re-
kruten für sein Heer zu gewinnen, sandte der König Werber aus. Zu-
weilen waren 800 bis 1000 Offiziere und Unteroffiziere auf Werbung.
Sie durchzogen das ganze deutsche Reich und die angrenzenden Länder
und suchten sich durch Geld, durch List und Gewalt, wie es eben am
besten ging, in den Besitz von langen Männern zu setzen. Millionen
Thaler wanderten zu diesem Zwecke in's Ausland. Für einen riesigen
Engländer zahlte der König einmal 9,000 Thaler. Wen er einmal in
seiner Gewalt hatte, den gab er nicht wieder heraus. Von Halle
liefen einmal Klagen bei ihm ein, daß seine Werber daselbst auf offener
Straße einen Studenten geraubt hätten. „Sollen nicht raisonniren, ist
mein Unterthan,“ war des Königs Antwort.
Aus einem italienischen Kloster lockte einmal ein preußischer Wer-
ber einen riesigen Geistlichen in die Kaserne des Leibregiments nach
Potsdam. Von Rom aus erhob man darüber ein großes Geschrei;
aber das half nichts, der lange Mönch war und blieb des Königs
„liebes blaues Kind.“
Manchmal wurden den preußischen Werbern im A#uslande Schwie-
rigkeiten bereitet. So einmal in Hamburg. Als nun bald darauf die
Hamburger den Propst Reinhard von Berlin zu ihrem Hauptpastor
wählten und den König baten, ihn ziehen zu lassen, schrieb er auf das
Gesuch: „Platt abgeschlagen! Ihr wollt mir meinen besten Prediger
aus dem Lande holen, und wenn ich irgendwo unter Euch einen
Lumpenkerl anwerben lasse, wird ein Hallo darüber gemacht!“
Wenn sich ein fremder Monarch bei dem Könige in Gunst setzten
wollte, so schenkte er ihm eine Anzahl langer Männer. So erhielt er
auch von Peter dem Großen, Kaiser von Rußland, für eine schöne Bern-
steinsammlung 100 lange Kerls. Die Kaiserin Anna von Rußland
sandte dem Könige im Jahre 1731 vier schöne Flügelmänner und bat
sich als Gegengeschenk eine Anzahl Klingenschmiede aus. Doa schickte
ihr der König „einen Meister Klingenschmied und einen Vorschläger,
einen Meister Härter mit einem Gesellen, einen Schleifer nebst einem
Gesellen, einen Sensenschmied nebst einem Gesellen“ aus der Stadt
Hagen in der Grafschaft Mark, die zu der berühmten Gewehrfabrik in
Tula den Grund gelegt haben.
Dem holländischen Gesandten Ginckel, der sich einen berühmten