Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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121. Ausbildung der Soldaten. 
Friedrich Wilhelm I. liebte den Krieg nicht. Das Blut seiner 
Riesengrenadiere fließen zu sehen, würde ihm das Herz zerrissen haben. 
Aber für die Werke des Krieges im Frieden war er der Mann, er und 
der Fürst Leopold von Dessau, sein Feldmarschall. Die militärische 
Ausbildung der Truppen war ihre größte Sorge, ihr unermüdliches 
Streben. Vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wurden die 
Soldaten geübt. Ueberall, in den größten wie in den kleinsten Dingen, 
wurde Ordnung und Pünktlichkeit mit unerbittlicher Strenge gehand- 
habt. Die Kleidung war für Offiziere, wie für Gemeine ein Gegen- 
stand sorgfältigster Genauigkeit. Sie wurde kürzer und knapper einge- 
richtet, sowohl um zu sparen, als um dem Soldaten ein lebendigeres 
Aussehen zu geben. Der Schritt, die Haltung des Soldaten kamen 
nicht weniger, als seine Tapferkeit in Betracht. Jeder Unfall, ein 
Fehlgriff am Gewehr, ein schlechtgeputzter Rockknopf, ein angespritzter 
Wasserfleck wurde mit Stockprügeln bestraft. Diese Art der körperlich n 
Züchtigung war so gewöhnlich, daß sie zum Dienste zu gehören schien; 
kein Exerziren konnte ohne sie geschehen. Rücksichtslose Härte und 
durchfahrende Grobheit mußten selbst höhere Ofsiziere von ihren Vor- 
gesetzten im Dienste hinnehmen. Der Ehrenpunkt wurde dadurch nicht 
leicht verletzt. Augenblicklicher, unbedingter Gehorsam war ein unver- 
brüchliches Gesetz. Wer dagegen fehlte, entging harter Strafe nicht. 
Das ganze Heer glich einem einzigen gegliederten Körper, der willenlos 
jedem Gebrauche sich fügt. Die Bewegungen, welche der Eine machte, 
machten in demselben Momente Alle. Wenn ein ganzes Regiment 
marschierte, hörte man immer nur einen Tritt. 
CLeopolds Hauptaugenmerk war, den preußischen Truppen im Ge- 
wehrfeuer eine entschiedene Ueberlegenheit anzueignen. Den hölzernen 
Ladestock, der leicht zerbrach, schaffte er ab und führte den eisernen 
ein. Dadurch wurde das rasche Laden bedeutend gefördert. Damit 
das Bajonett beim Laden und Schießen nicht jedesmal abgenom- 
men zu werden brauchte, wie früher geschehen mußte, änderte er 
dasselbe und ließ die verlängerte Klinge seitwärts ausbiegen. Die 
Truppen selbst, ehemals in vier Glieder gestellt, die nicht alle zugleich 
feuern konnten, ordnete er in drei Glieder und wollte sogar nur zwei 
übrig lassen, damit in verlängerter Linie zum ungehinderten Schießen 
die ganze Mannschast Raum gewänne. Gegen die Angriffe der Rei-
	        
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