Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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127. Erziehungs-Vorschrift. 
Mit dem ersten Frühroth weckt ihn. 
Schnell dann, sonder sich zu ruhen, 
Oder nochmals umzuwenden, 
Soll er aufstehn von dem Lager 
Hurtig auf den ersten Ruf. 
Soll dann auf die Knie fallen, 
Im Gebete Gott sich nahn, 
Also sprechend: „Heil'ger Vater! 
„Dank Dir, daß Du diese Nacht mich 
„Gnädiglich bewahret hast. 
„Mache mich geschickt zu Deinem 
„Heil'gen Willen, daß ich heute, 
„Daß ich mein Lebtage nimmer 
„Thue, was von Dir mich scheiden 
„Kann. Um meines Seligmachers 
„Jefu Christi willen. Amen!“ 
Dieß Gebet muß Fritz erlernen, 
Denn, was früh der Kopf gefaßt hat, 
Hoff' ich, prägt sich auch ins Herz. 
Haben heilige Gedanken 
So das Tagwerk eingeleitet, 
Schnell dann wasch' er sich und rein'ge 
Sich mit Sorgfalt. Inn're Reinheit 
Künd'ge sich durch äuß're an. 
Reinlichkeit verschönt den Aermsten, 
Wo sie fehlet, deckt den Mangel 
Selbst ein Fürsten-Mantel nicht. 
Keine Hülfe darf beim Anziehn 
Ihm die Dienerschaft erweisen. 
Selbst sich helfen, lern' er früh. 
Während man das Haar ihm ordnet, 
Nehm er Frühstück, zwei Geschäfte 
In derselben Zeit erled'gend. — 
Geiz erscheint als laut're Tugend, 
Geizt man mit der edlen Zeit. 
Alles dieses darf nur dauern 
Einer Viertelstunde Frist. 
Zu dem großen Frühgebete 
Wird die Dienerschaft versammelt, 
Alle mit gebeugtem Knie. 
Ein Capitel aus der Bibel 
Und ein gutes Lied genügen. 
Nie darf unterlassen werden 
Diese alte gute Sitte, 
Denn Gebete in Gemeinschaft 
Dringen kräftiger zum Herrn. 
Sollt es seinen Hochmuth kränken, 
Mit gemeinem Volk zu knien, 
Will ich selbst ihm expliciren, 
Daß vor Gott der Größt' und Beste 
Nichts ist, als ein armer Hundsfott; 
Was man thun kann, bleibt doch immer 
Nur verdammte Schuldigkeit. 
Thoren sind es, die da reden, 
Viel zu zart sei, viel zu heilig 
Das Verhältniß zu der Gottheit, 
Als daß anders man ihr nahen 
Dürf', als in geheimer Stille. 
Ueberflüssig sei Versammlung 
Sei Besuch des Tempels selbst.
	        
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