Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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128. Spannung zwischen Vater und Sohn. 
Anfangs gefiel dem Prinzen das Soldatenspiel. Mit der Zeit aber 
wurden ihm die Waffenübungen lästig. Ebenso wenig konnte er an dem 
rohen Treiben der Soldaten Gefallen finden; auch das Tabakskollegium 
mit seinen derben Späßen und die Jagd, die Lieblingsbeschäftigung des 
Königs, behagten ihm nicht. Französische Bücher lesen, Verse machen, 
Flöte blasen, die Schriften aller Dichter und Denker studieren, das 
war seine Lust. Für solche Beschäftigungen hatte besonders Duhan 
seinen Geist angeregt. Die Mutter sah das gern, der Vater aber 
durfte Nichts davon erfahren. Künste und Wissenschaften verachtete er, 
die Gelehrten nannte er Dintenkleckser und Schmierer; über den be- 
rühmten Leibnitz äußerte er einmal lachend: „Ich habe den Kerl auch 
gesehen, aber ich sage euch, ich hätte den vertrockneten Bücherwurm 
nicht einmal zum Schildwachtstehen gebrauchen können!“ Die Neigung 
des Prinzen zu den Wissenschaften hielt er für ein sicheres Zeichen, daß 
derselbe nie ein Kriegsmann werden würde. Traf er ihn zufällig beim 
Lesen, so konnte er in den heftigsten Zorn gerathen. 
Um sich im Flötenspielen zu vervollkommnen, ließ sich Friedrich 
von dem berühmten Flötenspieler Quanz aus Dresden heimlich unter- 
richten. Als dieser nun eines Tages mit seinem Schüler nach Herzens- 
lust musizirte, wurde ihnen die Nachricht hinterbracht: Der König 
kommt! Schrecken überfällt sie. Der Lehrer flüchtet eilig hinter den 
Kaminschirm; der Prinz schleudert Flöte und Noten in ein Versteck, 
wirft seinen goldgestickten Schlafrock auf die Seite und stürzt sich Hals 
über Kopf in seine Uniform. Der König tritt ein. Sein spähendes 
Auge entdeckt bald die Flöte und einen Haufen französischer Bücher 
und endlich gar den Schlafrock. Er geräth in Wuth, und viele harte 
Worte muß der Prinz hinnehmen. Den Rock warf der König in's 
Feuer, die Bücher ließ er verkaufen, und die schönfrisirten Haare 
Friedrichs fielen unter der Scheere. Der Musikmeister Quanz blieb 
unentdeckt und kam mit einem bloßen Schrecken davon. 
Ein anderes Mal, als sich die königliche Familie in Wusterhausen 
befand, drangen eines Nachmittags aus dem nahen Walde anmuthige 
Flötenklänge nach dem Schlosse herüber; der Prinz unterhielt seinen 
Lehrer Duhan und seine Schwester Wilhelmina im schattigen Dunkel 
des Haines mit sanften Melodien auf seinem Lieblingsinstrumte. Plötz- 
lich steht der König vor ihnen, von dessen Nähe Niemand eine Ahnung
	        
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