Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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von dem Sohne loszumachen und hatte nichts für ihn, als die kalten 
Worte: „Schon gut, schon gut; werde Du nur ein ordentlicher Kerl!“ 
Friedrich wollte den seinem Vater verhaßten Lieblingsneigungen 
nicht entsagen, dieser von dem, was er als das Heilsamste für den 
Sohn und für Preußen erkannt hatte, nichts nachlassen. 
129. Fluchtversuch. 
Um sich dem drückenden Joche zu entziehen, faßte Friedrich den 
Gedanken, die Flucht zu ergreifen indem er am Hofe des Königs von 
England, dem Bruder seiner Mutter, eine sichere Freistätte zu finden 
hoffte. Dieser Gedanke wurde durch einen Vorfall im sächsischen Lust- 
lager bei Mühlberg, wohin der König mit dem Kronprinzen gereist 
war, zum festen Entschlusse. Hier vergaß sich nämlich der Könlg. so 
weit, daß er wegen irgend eines unbedeutenden Versehens in Gegen- 
wart sächsischer Offiziere dem Prinzen Stockschläge ertheilte, denen er 
die noch schimpflicheren Worte hinzufügte: „Wäre ich von meinem 
Vater so behandelt worden, ich wäre davon gelaufen, oder hätte mich 
todt geschossen; aber du hast weder Ehre noch Muth und läßest dir 
Alles gefallen.“ " 
Von nun an dachte der Kronprinz nur an seinen Fluchtplan. Zwei 
seiner vertrautesten Freunde, die Lieutenants von Katte und von Keith, 
zog er in das Geheimniß, um sich durch ihre Hülfe die Ausführung 
zu erleichtern. Auf einer Reise, die er mit dem Könige nach Ansspach 
machte, sollte das Vorhaben ausgeführt werden. Im Dorfe Steinfurt, 
unweit Mannheim, nahm der König, wie er auf seinen Reisen zu thun 
pflegte, sein Nachtquartier in einer Scheune; der Kronprinz mit seinem 
Gefolge erhielt in einer Scheune gegenüber sein Lager angewiesen. 
Als der Morgen dämmerte, befahl Friedrich einem Pagen, die Pferde 
zu satteln. Während dies geschah, verließ er selbst die Scheunc, zog 
einen rothen Ueberrock an, der nach französischem Schnitt gemacht war 
und stellle sich hinter den Reisewagen des Königs. Der Kammerdiener 
Werner, der den Kronprinzen aufstehen sahn, schöpfte Verdacht und 
weckte den Oberstlieutenant von Rochow. Dieser eilte schleunig herbei 
und vereitelte den Plan. Dem Könige blieb dieser Vorfall vorläufig
	        
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