Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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Friedrich erhob seine Hände. „Barmherziger Gott,“ rief er, 
„Katte ist ja unschuldig, ich habe ihn ja verführt!“ Dann schritt er 
auf die Offiziere zu, ergriff sie bei den Händen und sprach: „Um 
Gotteswillen, meine Herren, sagen Sie mir: Es ist nicht wahr. Ich 
kann's nicht ertragen, ich werde wahnsinnig, ich verzage an Allem, 
was heilig ist!“ Die Offiziere schwiegen. Der Prinz fuhr sich mit 
den Händen über Stirn und Gesicht, dann ging er mit aufgerissenen 
Augen im Zimmer umher und sagte zu den Offizieren: „Ich bitte 
Sie um Gottes Barmherzigkeit willen, sagen Sie mir, ob ich wach, 
ob ich gesund bin. Schreien Sie mir ins Ohr, daß ich krank bin, 
daß ich im Fieber liege. Erbarmen Sie sich!" 
Der Platzmajor Graurock wandte sich von der Seite um und 
sagte mit gebrochener Stimme: „Ich wollte, ich läge unter der Erde!“ 
Oberst Reichmann, dem die Thränen über die Wangen liefen, ergriff 
Friedrichs Hand und sagte: „Fassen Sie sich, Prinz, und zürnen Sie 
uns nicht!“ Jetzt vernahm man von der Straße her den gleichmäßigen 
Tritt einer Abtheilung Soldaten. Friedrich stieß einen Ton des 
Schreckens aus und flog zum Fenster. Im Morgengrauen sah man 
das Blutgerüst, und am Fuße desselben den Scharfrichter im rothen 
Mantel. Militair kam um die Straßenecke zur Rechten. Jetzt er- 
blickte der Prinz inmitten zweier Geistlichen seinen Freund. Sein 
Haupt war entblößt, in der Hand trug er ein offenes Gebetbuch, sein 
todtblasses Angesicht drückte Ergebung aus. Als der Zug unter dem 
Fenster angekommen war, schrie Friedrich mit der Stimme eines Ver- 
zweifelten: „Ach! mein theurer Freund, Vergebung um Gottes Barm- 
herzigkeit willen, Vergebung!“ 
Katte sah auf und erwiederte: „Ich habe Ihnen nichts zu ver- 
geben, mein Prinz, mein einziger Freund auf der Welt, ich sterbe mit 
tausend Freuden für Sie!“ Alles hätte Friedrich jetzt hingegeben, den 
Freund zu retten. Er griff in die Eisenstäbe des Fensters, daß die 
Finger bluteten, aber unbeweglich blieb das Eisen. 
Bald hatte der Zug den Richtplatz erreicht. Katte stieg festen 
Schrittes auf das Gerüst; der Scharfrichter und einige seiner Knechte 
folgten ihm. Die Knechte entkleideten den Verurtheilten und legten 
ihm eine schwarze Binde um seine Augen. Mancher der Richter hoffte 
noch auf das Eintreffen des Pardons. Jetzt kniete Katte nieder, der 
Scharfrichter warf seinen rothen Mantel ab und erhob das breite 
blitzende Schwert. Noch einmal schauete er sich um, dann that er 
den Streich, und das Haupt des Jünglings fiel.
	        
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